Hamburg. Jenny Holzer wirft die letzten Sätze von George Floyd an die Fassade der Kunsthalle. Innen läuft die Ausstellung „Atmen“.
Die schrecklichen Szenen, medial blitzschnell verbreitet, haben sich tief ins Gedächtnis der Welt eingebrannt: Ein Mensch im Todeskampf, ohnmächtig, unterdrückt, ermordet. Am 25. Mai 2020 erstickte der Afroamerikaner George Floyd in Minneapolis, auf offener Straße, unter dem Knie eines weißen Polizisten. Nach neun Minuten und 29 Sekunden war Floyd tot, 27 Mal hatte er um Gnade gebeten: „I can’t breathe…“.
Alles wurde von Kameras festgehalten. Nachdem dieses Verbrechen bekannt wurde, kam es überall in den USA und auch weltweit zu Protesten. Der Slogan „#blacklivesmatter“ wurde das Leitmotiv dieser Demonstrationen, den größten in den USA, seit im April 1986 der Bürgerrechtler Martin Luther King erschossen wurde.
Hamburger Kunsthalle: Austellung "Atmen"
Seit Ende September ist die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff zentrales Thema der Ausstellung „Atmen“ in der Hamburger Kunsthalle, rund 100 Werke, von den Alten Meistern bis zu Gegenwart, werden in Dialog miteinander gebracht. Aus dem schlichten biologischen Vorgang wird so ein existenzielles Lebens-Thema.
Am 19. November, beginnend um 20 Uhr, erhält diese Schau für zwei Stunden ein weithin sichtbares, nicht dauerhaftes Update außerhalb des Gebäudes. Erstmals in Europa wird dort die Lichtprojektion „IN MEMORIAM“ gezeigt werden, an der Außenfassade der Galerie der Gegenwart. Seine Premiere hatte diese Arbeit im Sommer 2020 in New York.
Die letzten Worte Floyds auf Hamburger Fassade
Die Konzeptkünstlerin Holzer verwendet bereits seit den 1970er-Jahren Sprache als ein wichtiges Ausdrucksmedium, nicht nur in der inszenierten Umgebung eines Museums, sondern auch im öffentlichen Raum. Dort „beschreibt“ sie die jeweilige Projekt-Oberfläche mit Gedanken und Aussagen zu Unterdrückung, Geschlecht, Macht oder Krieg.
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Für „IN MEMORIAM“ wirft sie in massiven Blockbuchstaben die letzten Worte Floyds auf die Fassade, und dazu die Namen von 115 Schwarzen Menschen, die ihr Leben durch Polizeigewalt oder andere Formen rassistischer Gewalt verloren haben, schwarz auf weiß, als Mahnmal, unübersehbar.
Aktionswochenende: Interessante Veranstaltungen geplant
Holzers Arbeit ist ein Teil des zweiten spartenübergreifenden Aktions-Wochenendes, das als Begleitprogramm weitere Perspektiven bietet: Im Thalia Theater stellen Schauspielerinnen und Schauspieler in der szenischen Lesung „Einziehen und Ausströmen“ Auszüge aus historischen und jüngeren Texten über das Motiv des Atmens in der Literaturgeschichte (19.11., 19 Uhr).
Im Workshop „Breathe With Me“ kann man mit dem dänischen Künstler Jeppe Hein einatmen, um mit dem Ausatmen eine blaue Linie zu ziehen (20.11., 11 Uhr). Björn von Stritzky, Chef-Anästhesist der Helios Kliniken Mittelweser, und Maria Weber, Hebamme im Geburtshaus Hamburg, unterhalten sich über Atemprobleme und wie die richtige Technik gegen Schmerzen helfen kann (20.11., 15 Uhr).
Weitere Informationen: www.kunsthalle-hamburg.de