Hamburg. Künstlerin hängt Banner für Jüdische Gemeinde mit schriftlicher Genehmigung der Bahn auf. Doch die lässt es entfernen.
Eine Kunstinstallation in Hamburg sorgt für Wirbel. Das Banner, das in der Nähe des Hauptbahnhofs hing, war nach wenigen Stunden verschwunden — offenbar auf Betreiben der Deutschen Bahn (DB) AG Hamburg. Hintergrund soll möglicherweise sein, dass das Banner zumindest für fragwürdig, eventuell sogar für antisemitisch beziehungsweise rechtsradikal gehalten wurde. Tatsächlich ist es aber die Kreation einer Künstlerin, die die Installation für die Jüdische Gemeinde in Hamburg gestaltet hat — und dies im Rahmen des „Festjahrs 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.
Das war passiert: Die Künstlerin Yohana R. Hirschfeld ließ ein Bild aus ihrer Graphic Novel „Eine Altonaer Legende“ als Banner drucken. Dies geschah, so erzählt es Hirschfeld, im Auftrag der Jüdischen Gemeinde in Hamburg. In der Nacht zum 8. Juli sei das drei mal vier Meter große Banner an die Schachtwand des Hauptbahnhofs direkt unterhalb des Museums für Kunst und Gewerbe gehängt worden. Hirschfeld betont, dass es einen schriftlichen Vertrag mit der DB Nord über die Befestigung des Banners gegeben habe, in dessen Abstimmungsprozess mehrere Stellen der DB Nord eingebunden gewesen seien. Darüber hinaus sei die Bundespolizei über die Installation und die Genehmigung durch die Bundesbahn informiert worden.
Deutsche Bahn entfernt Banner, Strafverfahren gegen Künstlerin
Doch am Sonnabend gegen Mittag, war das Banner verschwunden. Verantwortlich für die Deinstallation sei, so erfuhr es Hirschfeld nach ihrer Darstellung von einem Höhentechniker, die Leitung der DB. Hirschfeld erzählt, man habe offenbar dort Alarm geschlagen, dass ein rechtsradikales Plakat am Hauptbahnhof hänge und wegen Gefahr im Verzug sofort abgehängt werden müsse. Dann seien Feuerwehr und das Technische Hilfswerk (THW) alarmiert und die Bundespolizei eingeschaltet worden. Ferner sei Strafanzeige erstattet worden, und ein Team des THW habe das Banner demontiert.
„Wir suchten dann noch am selben Nachmittag das Gespräch mit dem Einsatzleiter der Bundespolizei, der unsere Personalien aufnahm und uns mitteilte, dass wir Beschuldigte in einem Strafverfahren seien — allerdings ,nur noch‘ wegen Sachbeschädigung“, sagte Künstlerin Hirschfeld dem Abendblatt. „Unserem Hinweis, dass wir bereits informiert waren über die ursprüngliche Beschuldigung einer rechtsradikalen Plakataktion, die die Gefahr im Verzug ausgelöst hatte, hat er nicht widersprochen.“
Antisemitismusbeauftragter schaltet sich ein
Nachdem sich der Hamburger Antisemitismusbeauftragte eingeschaltet habe, habe sich die Hamburger Leitung der Bundespolizei sehr freundlich an sie gewandt und erklärt, das Banner schnellstmöglich wieder aufhängen zu lassen. Dies werde vermutlich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag geschehen, erfuhr die Künstlerin demnach. Ein Sprecher der Bundespolizei sagte dem Abendblatt, dass die Deutsche Bahn AG sich an die Bundespolizei gewandt habe und von dort kommuniziert worden sei, dass es für das Banner keine Genehmigung gebe. Nach der Mitteilung der Bahn, das Banner sei am Bahnhof befestigt worden, habe die Bundespolizei einschreiten müssen, weil es sich möglicherweise wegen der Befestigung um eine Sachbeschädigung gehandelt habe. „Wir haben eine Anzeige geschrieben, die wir schreiben mussten“, so der Sprecher. „Es ging ausschließlich um Sachbeschädigung.“
Nachdem von der Künstlerin erklärt worden sei, dass sehr wohl eine Genehmigung vorliege, habe der Inspektionsleiter sein Bedauern für den Vorfall zum Ausdruck gebracht. Der Künstlerin sei mittlerweile versichert worden, dass die Bundespolizei ihren Beitrag dazu leisten werde, dass das Banner möglichst schnell wieder aufgehängt werden könne.
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Hirschfeld kritisiert, dass sie vonseiten der Deutschen Bahn AG auf Anfrage noch keine Reaktion darauf erhalten habe, „wie, warum und durch wen genau der Alarm ,rechtsradikale Aktion‘ ausgelöst wurde und warum niemand vorab innerhalb der Bundesbahn geklärt hat, ob eine Genehmigung vorlag“, sagt die Künstlerin. „Das Bild ist ausschließlich für diesen Ort und diese Gelegenheit gemalt worden“, erklärt Hirschfeld. „Mein Eindruck ist, dass das Bild sofort aus dem öffentlichen Raum verschwinden musste.
Dass es angeblich rechtsradikal sei, war nach meiner Einschätzung nur ein Vorwand. Vermutlich ist es so, dass die Verantwortlichen bei der Bahn das Bild offenbar unerträglich fanden. Das Bild ist aber ganz offensichtlich nicht rechtsradikal, es gab keine entsprechenden Symbole oder dergleichen“, sagt die Künstlerin, die selber Jüdin ist. „Und es war professionell aufgehängt. Man hätte es klären können, ob das jemand genehmigt hat.“
Dazu hieß es jetzt auf Abendblatt-Anfrage bei der Deutschen Bahn AG, es habe „bedauerlicherweise bei uns einen Fehler in der internen Kommunikationskette“ gegeben, was dazu geführt habe, dass das Kunstwerk – obwohl genehmigt – abgenommen wurde. „Wir haben umgehend mit der Künstlerin Yohana Hirschfeld persönlich gesprochen und um Entschuldigung gebeten“, sagte ein Bahnsprecher. „Das Banner wird auch wieder so schnell es geht von der DB aufgehängt. Zudem haben wir dies zum Anlass genommen, unsere Abläufe bei der Kommunikation intern zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren.“