„Ich sehe was, was du nicht siehst“ zum Mitmachen – jeden Montag beim Abendblatt. Heute: Ein Werk vom Maler Carl Blechen.
Manche Väter schenken ihren Töchtern gern etwas, das war auch im 19. Jahrhundert schon so. Da ließ König Friedrich Wilhelm III. als Geschenk für seine Tochter Charlotte, die als Kaiserin von Russland Alexandra Fjodorowna hieß, ein Bild des Palmenhauses auf der Berliner Pfaueninsel anfertigen. Eigentlich sind es sogar fünf Bilder, die der Maler Carl Blechen (1798-1840) in den Jahren 1832 bis 1834 schuf. Er veränderte dabei den Blickwinkel und das Format. Das größte Bild bekam am Ende die Kaiserin, die Hamburger Version gilt als Vorstudie.
Dominiert wird das Gemälde von einer großen Fächerpalme. Blechens Bild ist lichtdurchflutet und strahlt viel Raumgefühl aus. Die rechts im Hintergrund in blaues Licht getauchten Bögen geben dem Raum ein exotisches Flair, das noch durch die Frauen unterstützt wird, die rechts neben der Palme auf dem Boden sitzen, es sollen Odalisken sein, die der Kunsthistoriker Franz Kugler damals als „reizende indische Weiber“ bezeichnet hat. Ursprünglich hatte Blechen sie mit entblößten Brüsten gemalt. Aber daran wurde Anstoß genommen.
König Friedrich Wilhelm III. feilschte mit Carl Blechen
Das Palmenhaus brannte 1880 ab. Heute ist davon nur noch der Sockel für die Palme zu sehen. Blechen wollte vom König 100 Friedrich d’or pro Bild haben. Dem Regenten erschien das zu teuer. Friedrich Karl Schinkel wurde um ein Gutachten gebeten. Der Stadtplaner schrieb: „Die hierin verwendeten vielen Mühen sieht man den Bildern nicht an, und diese ist gerade ihre vortrefflichste Seite.“ Der Maler bekam sein Geld.
Dass Blechen Künstler wurde, war alles andere als selbstverständlich. Seine Eltern hatten nicht genügend Geld, um ihm ein Studium finanzieren zu können. Also absolvierte er er eine Lehre als Bankkaufmann. Danach diente er ein Jahr lang in einem Garde-Pionier-Bataillon. Anschließend wurde er Dekorationsmaler an einem Berliner Theater. Nachhaltig beeinflusst hat ihn eine Studienreise nach Italien, in deren Verlauf er Hunderte von Skizzen anfertigte.
Blechen war Vorläufer der Impressionisten
Das warme, durchdringende Licht spielt in vielen seiner Bilder eine wichtige Rolle und machte ihn zu einem Vorläufer der Impressionisten. Er wird dadurch auch zu einem Bruder im Geiste von Eugène Delacroix, dem auch die Farbe wichtiger war als die von den Akademien bevorzugten Linien. Eine Ausstellung seiner Bilder hieß treffenderweise „Mit Licht gezeichnet“. Nachdem Blechen 1831 Professor für Landschaftsmalerei in Berlin wurde, zeigten sich bald Symptome einer psychischen Erkrankung.
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Der Zustand verschlimmerte sich, und er litt unter starken Depressionen. 1840 starb er mit nur 41 Jahren in geistiger Umnachtung. Max Liebermann hat seine Bedeutung erkannt. Er schrieb : „Er war ein begnadeter Maler von Gottes Gnaden. Einer der wenigen Auserwählten, der nicht nur zu den Besten seiner Zeit gehörte, sondern auch auf die Besten, wie Menzel, einen entscheidenden Einfluss ausgeübt hatte.“