Hamburg. Mehrere Stars der Szene liefern in Hamburg ein mitreißendes Programm. Den Besucherinnen und Besuchern stockt immer wieder der Atem.

Mit einem Trompetensolo beginnt die Show. Und sofort sind die Zuschauerinnen und Zuschauer mittendrin. Sechs Tänzer und Tänzerinnen fegen durch den Mittelgang des Hansa-Theaters, hautnah bei den Premierengästen.

Schnell werden die Füße auf engstem Raum gesetzt, passende Hüftschwünge und anmutige Armbewegungen machen den Salsa perfekt und sind der mitreißende Einstieg in die Show „Varieté de Buena Vista“. Furios wirbeln die sechs durch die engen Reihen in Richtung Bühne, wo die Band den Rhythmus vorgibt. Von der ersten Minute an ist der ausverkaufte Saal auf Betriebstemperatur.

Salsa und mehr: überragende Kuba-Show im Hansa-Theater

Zusammengestellt hat die kubanische Revue der britische Regisseur Toby Gough. Er ist ein ausgewiesener Kenner der kubanischen Szene und hat bereits mehrere Kuba-Shows auf die Beine gestellt. Mit einer Zigarre und einem Glas Cuba Libre in der Hand führt er durch den Abend und lässt das Publikum eintauchen in das flirrende Nachtleben von Havanna vor der Revolution.

Die kubanische Hauptstadt war in den 50er-Jahren das „Las Vegas der Karibik“, es gab mondäne Casinos, teure Restaurants und exklusive Clubs mit energiegeladenen Shows. Musiker wie Pérez Prado und Benny Moré beherrschten die Szene und brachten das weiße, überwiegend US-amerikanische Publikum zum Tanzen, die Mojitos flossen in Strömen, die Prostitution blühte.

Regisseur Toby Gough lässt eine längst vergangene Zeit auferstehen

Doch Havanna war in Schwarz und Weiß getrennt. Viele Kubaner konnten sich den Luxus in den Nachtclubs, etwa dem Club Tropicana, nicht leisten, sie vergnügten sich in kleinen Kaschemmen in Vierteln wie dem Buena Vista. Kenntnisreich und pointiert lässt Gough diese längst vergangene Zeit in seinen Erzählungen auferstehen.

Auch großartige Tanzszenen sind Teil der Show „Varieté de Buena Vista“.
Auch großartige Tanzszenen sind Teil der Show „Varieté de Buena Vista“. © Thorsten Baering

Das Hansa-Theater wirkt an diesem Abend wie ein Club, der mit seinem historischen Interieur, dem hin- und herwuselnden Personal, den bestens gelaunten Musikern, Tänzerinnen und Artisten auch in einem Amüsierviertel Havannas hätte stehen können. Einige der nach Hamburg gekommenen Musiker sind legendär und waren an der Wiedergeburt des klassischen kubanischen Sounds aus Mambo, Salsa und Merengue beteiligt.

Hansa-Theater: Kubanische Musiklegenden stehen hier auf der Bühne

Posaunist Jesús „Aguaje“ Ramos war Mitglied im Buena Vista Social Club, den Ry Cooder und Wim Wenders 1997 mit ihrer Filmdokumentation ans Licht der Weltöffentlichkeit brachten. Pianist Emilio Morales hat mit Größen wie Irakere und Omara Portuondo musiziert, Pedrito Calvo, inzwischen 84 Jahre alt, war Sänger der legendären Gruppe Los Van Van und später Teil der Afro Cuban All Stars, die oft im Hamburger Stadtpark gastierten. Mit einem strahlenden Lächeln betritt er die Bühne und singt den Bolero „Sandunguera“ und Compay Segundos berühmtes Lied „Chan Chan“.

Calvo umgibt eine Aura aus männlich-erotischem Charme, er flirtet die Frauen in den vorderen Reihen an und ist wohl immer noch ein Herzensbrecher. 32 Kinder soll er gezeugt haben. Auch Geidy Chapman und Joakín G.M., die beiden anderen jüngeren Vokalisten, besitzen Bühnenpräsenz und erstklassige Stimmen.

Drei halsbrecherische Artistiknummern sind in das Musikprogramm eingebaut

Artistik gehörte im Havanna der 50er-Jahre ebenfalls zum Programm vieler Ballrooms. Drei solcher halsbrecherisch wirkender Nummern sind in das Musikprogramm eingebaut. Atemlos verfolgt das Publikum, wie Alejandro Licea auf fünf aufeinandergestellten Rollen herumturnt und aufpassen muss, dass er nicht die Decke berührt, während die Band dazu einen lässigen Mambo spielt.

Lázaro Escandón Verá führt an einer Stange vor, wie die Schwerkraft mit Körperspannung und Beweglichkeit ausgetrickst werden kann. Ein weiterer Höhepunkt ist das Duo Resurrection mit einer Hand-auf-Hand-Akrobatik, bei der Yasmany Barrientos seine Partnerin Maylin Hernández in die Luft wirft und wieder auffängt, als wäre sie ein Federball. Ein Liebesduett – dazu singt Geidy Chapman das berühmte „I Put A Spell On You“.

Die drei großen H an diesem Abend: Hamburg, Hansa, Havanna

Zweieinhalb Stunden lang kommen die Zuschauer aus dem Staunen nicht heraus: Trompeter Yuliesky González und der Lauten-Virtuose Roldán Carballoso liefern ein amüsantes „Call and Response“-Duell, bei dem einer eine Tonfolge vorgibt und der andere sie nachspielen muss; die Tanzpaare Mello Mambo und Barbas präsentieren Hochgeschwindigkeitssalsa, den sie auch schon 2020 beim Super Bowl und während einer Jennifer-Lopez-Tournee gezeigt haben; die Cali-Twins, zwei Senioren aus Kolumbien, begeistern mit Caleño-Tanz, einem besonderen Salsa-Stil.

Am Ende dieser fulminanten Show erhebt Tony Gough sein Glas mit dem Cuba Libre und fordert alle im Saal auf, mit ihm auf die drei großen H anzustoßen, die diesen Abend so besonders gemacht haben: Hamburg, Hansa, Havanna.

„Varieté de Buena Vista“ läuft bis 2.9. täglich außer montags, Hansa-Theater, Steindamm 17, Karten ab 49,90 unter T. 040/4711 0628; www.hansa-theater.com