Hamburg. Das Schumann Quartett und Pianistin Anna Vinnitskaya im Kleinen Saal der Laeiszhalle – ein Konzert mit Seele, Herz und Biss.

Eigentlich gibt es keine verwandtschaftlichen Beziehungen zum Komponisten. Er ist auch nicht der Namensgeber. Trotzdem schleicht sich irgendwo im Hinterkopf die Erwartung ein, dass es besonders gut passen müsste, wenn das Schumann Quartett Werke von Robert Schumann spielt.

Und das tut es auch. Das Spitzenensemble, besetzt mit drei Brüdern der Familie Schumann und dem Bratscher Veit Hertenstein, kommt dem Ton und dem Geist der Musik aufregend nahe, beim umjubelten Auftritt im Kleinen Saal der Laeiszhalle.

Auch das Publikum in der Laeiszhalle schwitzt beim Schumann-Abend

Da ist etwa der für Schumann so typische Kontrast zwischen Melancholie und sehnsüchtigem Schwelgen auf der einen und kantigen Gesten auf der anderen Seite. Den reizen die Musiker im Quartett op. 44,1 stilsicher aus. Sie streichen die Melodien ganz dicht und füllen auch die Räume zwischen den Tönen mit ihrem sämigen Klang – spielen aber die Akzente in den raschen Sätzen auffallend spitz und geschärft.

Ihre Interpretation fesselt, sie hat Seele, Herz und Biss. Und, vor allem, das richtige Temperament. In Schumanns Musik pulsiert oft eine nervöse Unruhe, ein Drängen, das einem kaum Luft zum Atmen lässt. Diese innere Hitze ist mit fast schon beklemmender Intensität zu spüren, hochgeköchelt durch die äußere Hitze im Saal. Ganz schön schweißtreibend, auch fürs Publikum.

Anna Vinnitskaya zaubert in der Laeiszhalle Chopin-Stücke aus den Tasten

Gut, dass uns die Pianistin Anna Vinnitskaya zwischendrin durchpusten lässt. Sie ist als vertraute Partnerin des Quartetts mit von der Partie. Vor dem gemeinsamen Finale zaubert sie vier Stücke des von Schumann verehrten Kollegen Chopin aus den Tasten. Und dessen Impromptus sind, wenigstens teilweise, etwas verspielter. Sie nehmen sich Zeit, um die Emotionen zu umkreisen, anstatt sie frontal anzusteuern. Vinnitskaya beherrscht diese Kunst der Andeutungen perfekt. Sie modelliert Nuancen, lässt Chopins Arpeggien perlen, inszeniert aber auch die Dramatik und das virtuose Rauschen sehr gekonnt.

Ja, die Wahlhamburgerin ist eine herausragende Tastenkönnerin. Und mehr als das. Nach der Pause, im Klavierquintett von Schumann, switcht sie vom Solo- in den Kammermusikmodus. Sie wird Teil des Ensembles, findet eine perfekte Balance mit dem Schumann Quartett – und erreicht dasselbe Energielevel.

Ob in den Momenten des Zurücklehnens, wenn Streicher und Klavier gemeinsam singen. Oder dort, wo die Musik vor Spannung zu explodieren scheint, wie beim Ausbruch im Trauermarsch. Das ist mitreißend. So klingt ein starkes Schumann-Team.