Hamburg. Der Hamburger Pianist ist ein großartiger Musikvermittler. In der Elbphilharmonie gab es offene Worte – und Blumen als Dank.
„Es gibt doch nichts Schöneres, als zu Hause zu spielen“, sagt Alexander Krichel – und da ist dann endgültig die sichtbare Anspannung einem Lächeln gewichen. Vor mehr als zwei Stunden hat sein Konzert im Kleinen Saal der Elbphilharmonie begonnen, nun geht es auf die Zielgerade. Nach einem Programm, das ihm viel abverlangt hat, auch körperlich.
Ist Händels Suite B-Dur HWW 434 ein noch eher leichtgewichtiger Beginn, wird bei Brahms’ Variationen und Fuge über ein Thema von Georg Friedrich Händel B-Dur op. 24 schon einiges Zupacken verlangt. Doch auch das ist (fast) nichts gegen den herausfordernden Hauptteil des Abends, die Études-Tableaux op. 39 von Sergei Rachmaninow.
Etüden, das seien häufig einfach „kurze, nervige Stücke“, die man von der Klavierlehrerin aufgebrummt bekomme, um technische Schwierigkeiten zu bearbeiten, so Krichel. Rachmaninow jedoch habe seine „Etüden-Gemälde“ nicht für die heimische Trainingseinheit, sondern für den Konzertsaal geschrieben, und da kommen sie nun also zur Aufführung – allerdings nicht hintereinanderweg gespielt, sondern in drei Dreierblöcke aufgeteilt. „Ich denke, Sie werden die Pausen brauchen“, sagt Krichel mit einem Grinsen. „Und ich auch.“
Elbphilharmonie: Das Konzert ist für Alexander Krichel ein Heimspiel
Es ist nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass der Hamburger sich direkt an sein Publikum im ausverkauften Saal wendet. Krichel-Konzerte, das sind immer auch Beispiele für gelungene Musikvermittlung, für ein Mitnehmen aller Besucher, ganz egal, ob sie ein Allegro vom Andante unterscheiden können oder eben nicht. Wer hier dabei ist, der bekommt nicht nur Musik auf höchstem Niveau, sondern auch viele, oft amüsante Erklärungen zu den gespielten Stücken. Man erkennt plötzlich, wie Brahms in seinen Variationen dem Barock (Bach!) seine Referenz erweist und wundert sich, dass Rachmaninow eine seiner Etüden „Rotkäppchen“ genannt hat.
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Ein Mehrwert, der ankommt und dazu führt, dass Alexander Krichel inzwischen viele Fans hat, die ihm zu Konzerten hinterherreisen, aus musikalischen Gründen, aber auch, weil sie von seiner sympathischen Zugewandtheit gar nicht genug bekommen können. Entsprechend gibt es nicht nur großen Schlussapplaus, sondern auch Blumen aus dem Publikum und zum Dank drei Zugaben: zweimal Rachmaninow, einmal Chopin. Danach dann Signierstunde im Foyer. Auch dies: ein Heimspiel.
Aktuelles Album von Alexander Krichel: „My Rachmaninoff“ (Berlin Classics)