Hamburg. Bei der Uraufführung von „We Call it a House“ überlässt die Hamburger Compagnie die Bühne zunächst verschiedenen Gästen.
Wem gehört die Bühne und mit wem möchte man sie vielleicht teilen? Dieser Frage spürt die Hamburger Compagnie Antje Pfundtner in Gesellschaft in der Uraufführung ihrer Tanzperformance „We Call it a House“ auf Kampnagel nach. Und weil sie es ernst meint mit der Parizipation, überlässt sie die Bühne an jedem Abend zunächst verschiedenen Gästen.
So gibt die Perkussionistin Ying-Hsueh Chen eine Kostprobe ihres Könnens, in dem sie nur mit der Kraft ihrer Stimme große Trommelschläge aber auch fein trippelndes Schlagwerk performt als eine sehr originelle Antwort auf Iannis Xenakis‘ „Psappha“ (1975).
Kampnagel: Tanzperformance mit verschiedenen Gästen auf der Bühne
Anschließend teilen sich Antje Pfundtner in einem blauen Klappzelt, Juliana Oliveira in einem gelben Holzverschlag und Matthew Rogers in einer Art rotem Tipi-Zelt, was aber erst noch aufgebaut werden will, die Bühne. Erst bleibt jeder für sich, immer konfrontiert mit lauten Störgeräuschen aus einer Bluetooth-Box. „Wer stoppt das?“ fragt Antje Pfundtner.
Bald sitzt sie in einem Baumkostüm auf einem Stuhl, ein Stück Holz in der Hand, ein wenig an David Lynchs „Log Lady“ aus „Twin Peaks“ erinnernd und wie diese hat sie rätselhafte Weisheiten zu verkünden. Zum Beispiel über die Historie ihrer Heimatstadt Dortmund. Dann wieder streifen die drei Performenden lärmende Holzschuhe über, lassen sich zu Boden fallen, begegnen einander, reichen sich Arme und Hände, umarmen einander oder üben sich im fröhlichen Kräftemessen.
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Noch stärker als in früheren Produktionen nutzt Antje Pfundtner in Gesellschaft den Charme eines klug komponierten Objekttheaters, das sich in Verbindung mit dosierter, ironischer Sprache und wenigen Tanzbewegungen zu einem Tableau des Staunens und Wunderns formt. In ihrer Choreografie schafft Antje Pfundtner dabei eine wunderbar zarte, fantasievolle Annäherung an Fragen des Miteinanders, der bedrohten Natur und eines flüchtig zusammengezimmerten Raumes, der den drei Performenden auf seinen Rollen immer wieder sanft entgleitet.
Hamburger Compagnie Antje Pfundtner: Alles hier ist Überraschung
Alles hier ist Überraschung. Jede Wendung kreiert neue, ungewohnte Bilder. Wie ein Traum, in dem man zunächst nicht alles entschlüsselt. Es ist aber genau diese Offenheit, die die Faszination und die Freude des Zuschauens eher noch verstärkt.
Bereits 2021 entstand eine Online-Produktion gleichen Titels mitten in der Pandemie, die zu einem Nachdenken über ein abwesendes Publikum einlud. Nun ist das zum Glück wieder da. Und kann dieses verrückte Haus neu für sich entdecken.
Antje Pfundtner in Gesellschaft: „We Call it a House” weitere Vorstellungen bis So 19.2., jew. 20 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de