Der Coming-of-Age-Film „So Damn Easy Going“ ist gelungen anrührend und bittersüß. Die Kritik zum Kino-Film.

Es beginnt mit einem plötzlichen Zittern. Joanna (Nikki Hanseblad) kann ihre Beine dann einfach nicht stillhalten, und wenig später sind da diese Stroboskopblitze in ihrem Kopf. Das ist nicht nur anstrengend, sondern auch ziemlich beängstigend. Was hilft: so unverbindlicher wie langweiliger Sex mit ihrem Mitschüler Matheus (Emil Algpeus), schwimmen im örtlichen Hallenbad – und natürlich ihre ADHS-Medikamente. Aber an die ist gerade kein Herankommen, denn Joannas arbeitsloser Vater (Shanti Roney) hat schon lange keine Apothekenrechnung mehr bezahlt. Und überhaupt ist er das zweite ganz große Problem im Leben der 18-Jährigen. „Ich weiß nie, ob du vor dem Fernseher sitzt oder von der Decke hängst, wenn ich nach Hause komme“, wirft sie ihm eines Tages verzweifelt vor. Tatsächlich wäre beides möglich.

Seit dem Tod seiner Frau hat Joannas Vater allen Lebensmut verloren. Stoisch lässt er sich vom Fernseher berieseln, und als irgendwann der Strom abgestellt wird, zündet er eben eine Kerze an und setzt sich, ins Leere starrend, auf den Balkon. Wenig verwunderlich, dass seine Tochter mit der Gesamtsituation überfordert ist und alle Kraft einsetzen muss, um nicht selbst abzugleiten.

„So Damn Easy Going“: Die Suche nach Ruhe durch die erste Liebe

Doch dann trifft sie eines Tages der Blick von Klassenkameradin Audrey (Melina Paukkonen), und das wilde Pochen des Herzens übertönt – jedenfalls für den Moment – mühelos das Blitzen im Kopf. Diese ersten verstohlenen Annäherungen aus dem Augenwinkel machen einige der schönsten Szenen von „So Damn Easy Going“, dem Debütfilm des Schweden Christoffer Sandler, aus. Da wird alles plötzlich ganz warm und leicht – wie das mit der Liebe eben so ist.

Audreys Frage, was für ein Mensch sie denn sei, wirft Joanna allerdings ziemlich aus der Bahn, fürchtet sie doch nichts mehr, als dass ihre Probleme von ADHS bis zum depressiven Vater bekannt werden. In ihrer Hilflosigkeit macht sie mehr als einen Fehler ...

Nicht nur wegen der lesbischen Liebesgeschichte erinnert „So Damn Easy Going“ an den schwedischen Erfolgsfilm „Raus aus Åmål“ (1998) von Lukas Moodysson. Auch dort ging es um eine Außenseiterin, die versucht, ihren Platz im Leben zu finden. Und auch dort überzeugte neben der behutsamen Dramaturgie vor allem die Authentizität der Darstellerinnen und Darsteller. Natürlich ragt Nikki Hanseblad als Joanna heraus, deren Fahrt auf der Gefühlsachterbahn immer nachvollziehbar ist und die man manchmal am liebsten tröstend in den Arm nehmen würde. Aber auch Melina Paukkonen (das Herz am rechten Fleck), Shanti Roney (das Herz so schwer) und Emil Algpeus (in Herzensangelegenheiten noch unsicher) sind sehr sehenswert in diesem ebenso sympathischen wie immer wieder anrührendem Film.

„So Damn Easy Going“ 91 Minuten, ab 12 Jahren, läuft im Studio-Kino