Hamburg. „Runnin’ Wild“: Durchdrehen, Spaß haben und nicht an morgen denken. Ein herrlich verrückter Konzertabend mit Airbourne und Blues Pills.
Es fängt schlimm an. Als die schwedischen Blues Pills um kurz vor 20 Uhr mit „Proud Woman“ loslegen, klingt es so dumpf, als spiele die Band nebenan in einer Lagerhalle – bei geschlossener Tür. Typisch Sporthalle Hamburg? Klar, aber die Mischpult-Besatzung sorgt im Laufe des gut 30-minütigen Sets glücklicherweise für Abhilfe – jedenfalls ein bisschen.
Zwar wären Sängerin Elin Larsson und ihre Mannen mit ihrem mitreißenden Bluesrock viel besser im Knust oder der Fabrik aufgehoben, allerdings gäbe es dort für Larsson nicht die Möglichkeit, en passant einen Zehn-Kilometer-Lauf zu absolvieren… Unglaublich, wie sie auf der großen Bühne permanent in Bewegung ist und dabei das Publikum anfeuert. Verdienter Schlussapplaus und das Versprechen, im nächsten Jahr nach Hamburg zurückzukommen.
Airbourne-Konzert: Der totale Abriss
Dann ist es Zeit für Airbourne und das bedeutet: für den totalen Abriss. Mit Metal-Klassikern vom Band („The Nummer Of The Beast“, „Wheels Of Steel“) wird die Halle auf Betriebstemperatur gebracht, dann läuft Frontmann Joel O’Keefe wie immer oberkörperfrei an den Bühnenrand, der fröhliche Wahnsinn strahlt aus jeder Pore. „Ready To Rock“ öffnet die Adrenalin-Druckbetankung, natürlich nicht als Frage, sondern als Feststellung aus den Marshall-Boxen gefeuert.
„Too Much, Too Young, Too Fast“? Im Gegenteil, hier kann niemand genug bekommen, auch nicht O’Keefe, der sich bei „Girls In Black“ von einem muskelbepackten Mitglied seiner Roadcrew huckepack nehmen lässt und Gitarre spielend durch die Halle zieht. Auf halber Strecke schlägt er eine Bierdose mehrmals gegen seinen Kopf, die ihren Inhalt fontänenweise in alle Richtungen verspritzt. Wie gesagt: der totale Abriss. Dass die eigene Jacke auf dem Heimweg mächtig stinken wird, ist den Fans um ihn herum sichtbar egal.
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Airbourne: O’Keefe schleudert mindestens 20 Bierbecher in die Menge
„Boneshaker“, „Breakin’ Outta Hell“, „Stand Up For Rock ‘n’ Roll“: Dass diese Band bei AC/DC und Rose Tattoo gelernt hat, ist kein Geheimnis, ändert aber nichts am enormen Unterhaltungswert der Show, die bei „It’s All For Rock ‘n’ Roll“ auf einen weiteren Höhepunkt zusteuert. Eine Bar mit Motörhead-Logo wird auf die Bühne geschoben und Joel O’Keefe schenkt großzügig Jack Daniels/Cola aus, Lemmy Lieblingsgetränk. Die bis zum Rand gefüllten Becher wandern mit Ordnerhilfe ins Publikum und zeigen beim Mischverhältnis von eins zu eins schnell Wirkung.
Da diese Tränkung der Massen so gut ankommt, wird wenig später nachgelegt: Während das Riffdauerfeuer andauert, schleudert O’Keefe mindestens 20 Bierbecher in hohem Bogen in die Menge. Ein feuchter, aber kein teurer Spaß, das verwendete „5,0 Original Pilsener“ gibt es im Supermarkt um die Ecke schon für 50 Cent pro Halbliterdose. Aber darum geht es ja auch nicht, sondern um das unkaputtbare Credo dieser Band, das zugleich das gefeierte Setlist-Finale dieses herrlich verrückten Abends ist: „Runnin’ Wild“. Durchdrehen, Spaß haben, einmal nicht an morgen denken. Hat geklappt.