Hamburg. Bariton Matthias Goerne und Organist Christian Schmitt zu Gast in der Elbphilharmonie. Ein Abend mit Anlaufschwierigkeiten.

Sologesang plus Orgel: das ist eine eher seltene und ziemlich ungewöhnliche Paarung für den Konzertsaal. In der Elbphilharmonie dürfte es eine Premiere gewesen sein. Und die hat, über weite Strecken, Lust auf mehr gemacht.Akustisch funktioniert die Kombi einwandfrei. Der Bariton Matthias Goerne und der Organist Christian Schmitt finden eine gute Balance zwischen vokaler und instrumentaler Stimme, sie füllen den Raum ohne Mühe.

Auch atmosphärisch ist der Abend wirklich schön – mit dem warm ausgeleuchteten Spotlight auf die beiden Musiker und den Spieltisch, mittig auf der Bühne positioniert. Die Stimmung wirkt intim, fast ein bisschen wohnzimmerig, auch weil der Große Saal nur etwa zur Hälfte besetzt ist.

Elbphilharmonie: Es gibt einige Störfaktoren

Musikalisch gibt es allerdings den ein oder anderen Störfaktor. Bei den beiden barocken Werken scheint Goerne, sagen wir mal, nicht gerade überprobt zu sein. Dass er in Schütz‘ „O Jesu, nomen dulce“ einen Textfehler hartnäckig wiederholt, mag noch als putzig durchgehen. Dass Schmitt aber bei den Koloraturen in Bachs Arie „Wacht auf, ihr Adern und ihr Glieder“ jedesmal gezwungen ist abzubremsen und auf Goerne zu warten, weil der Bariton sonst nicht mehr hinterherkommt, ist einfach unprofessionell. Und das ausgerechnet beim Auftaktstück. Schon erstaunlich.

Das romantische Repertoire liegt Goerne deutlich besser, es kommt seinem dunklen, sehr eigenen Timbre entgegen. Der düster dräuende Ton und die morbiden Texte, die einen Großteil des Programms dominieren, passen zwar so gar nicht ins vorfreudige Klima der Adventszeit. Trotzdem hat der Abend dort viele starke und eindringliche Momente.

Elbphilharmonie: Christian Schmitt ein großartiger Organist

Bei Liedern von Hugo Wolf und Max Reger, vor allem aber am Ende, in den Vier ernsten Gesängen von Johannes Brahms, in denen der Komponist über die Themen Tod und Vergänglichkeit nachgrübelt. Da ist Goerne ganz in seinem Element. Er fesselt mit einer Hingabe, die den ganzen Körper ergreift, und mit einer großen Bandbreite; seine Ausdruckskraft umfasst das geraunte Pianissimo ebenso wie den dramatischen Ausbruch. Der Sänger formt weite, packende Spannungsbögen, im engen Kontakt mit seinem Partner an der Orgel.

Christian Schmitt ist ein großartiger Organist, der nicht nur in den Solostücken von Bach und Franck den Farbreichtum des Instruments ausschöpft und eine erstaunliche Fülle an dynamischen Nuancen auffächert. Er registriert sehr differenziert und sensibel, er schafft überwältigende, aber auch ganz innige Höhepunkte. Als der dritte Brahms-Gesang den Tod als wohltuende Erlösung begrüßt, mischt Schmitt Register wie die Vox coelestis und die Vox angelica in den Klang – und kreiert so einen wunderbar schwebenden Sound, mit dem er eine musikalische Himmelsvision in den Raum zaubert.