Hamburg. Im Frühjahr erhielt Katie Freudenschuss den Deutschen Kleinkunstpreis. Nun hatte die Musikkabarettistin mit neuem Programm Premiere.

Wie sang Barry Ryan doch vor fünf Jahrzehnten: „Zeit macht nur vor dem Teufel Halt.“ Der britische Pop-Sänger ist im Vorjahr gestorben, Katie Freudenschuss hingegen erfreut sich im Lustspielhaus des Künstlerinnen-Lebens und bemüht gleich mal Brunner & Brunner und den Hit „Wir sind alle über 40“, um sich mit dem Großteil ihres Publikums zu solidarisieren. „Ein Satz, der sitzt, weil sowieso alles sitzt“, spielt sie sprachgewitzt auf das Alter und auf den Gassenhauer des österreichischen Gesangsduos an.

Die Zeit als solche hat die Halbösterreicherin aus Hamburg als Thema des Abends gewählt und stellt zur Premiere mehrere Sanduhren auf den Flügel. „Nichts bleibt wie es wird“ – am fälligen Komma hat sie gespart – heißt das dritte Soloprogramm der musikalischen Kabarettistin und Entertainerin.

Kabarett Hamburg: Freudenschuss tourte mit Lena Meyer-Landrut

Dass die Künstlerin, die vor einem Jahrzehnt noch als singende Keyboarderin mit der früheren ESC-Siegerin Lena Meyer-Landrut tourte, ihr Metier längst mit eigener Handschrift beherrscht, zeigt sie in diesen fast zweieinhalb Stunden. Die Gewinnern des Deutschen Kleinkunstpreises 2022 in der Kategorie Chanson/Lied/Musik bietet eine über weite Strecken gelungene Mischung aus neuen Songs, Parodien, aktuellem Kabarett, Stand-up und Improvisationen.

Markus’ 40 Jahre alte NDW-Hymne „Ich will Spaß“ textet sie zur mitsingtauglichen Energiekrisen-Bewältigungs-Nummer „Ich will Gas“ um. Und zur Melodie von Alexandras Uralt-Schlager „Zigeunerjunge“ spottet sie am Flügel, ob es in der Zeiten sprachlicher Überkorrektheit nicht „Z-Wort-Schnitzel“ heißen müsse. „Früher war es alles besser!“-Meinende kontert Freudenschuss jedoch mit einer These und Frage: „Ich habe gehört, die Zukunft wird geil. Wie alt sind Sie ...?“

Satire beruht auf feiner Beobachtungsgabe

Die Satire der Katie F. beruht auf feiner Beobachtungsgabe, wenn sie etwa überspitzt, wie sich Menschen heutzutage in hippen Lokalen in der HafenCity Gerichte wie Bruschetta oder Wiener Schnitzel in allen Einzelbestandteilen servieren lassen oder Zeit bei der „DHL-Wunschzustellung“ verplempern, weil das Paket letztlich doch nicht bis zur Tür kommt. Dass wir Menschen fünf Jahre unseres Leben mit Warten verbringen, veranschaulicht sie mit einem dreiteiligen Sketch als Anruferin einer Service-Hotline.

Und was vermutlich aus ihr geworden wäre, wenn sie nicht 1999 aus der Provinz an die Hochschule für Musik und Theater nach Hamburg gekommen wäre, zeigt sie mehrmals als ihr biederes Alter Ego Katja Schmidt, geborene Freudenschuss, von Beruf Hausfrau und Mutter zweier Kinder, „Hobbys: Klavierspielen sowie Gedichte“. Ihre spontanen Reime im hessischen Heimatdialekt nach wenigen Vorgaben des Publikums sind das komische Salz in ihrer programmatischen Suppe.

Kabarett Hamburg: Schluss-Song berührt das Publikum

Der fehlt im zweiten Teil dennoch manchmal die Würze. Freudenschuss legt die große Sanduhr auf die Seite, um die Zeit anzuhalten, hält sich aber etwas zu lange im männlichen und weiblichen Genitalbereich auf, ohne dass es für feministisches Kabarett reichen würde. Auch geraten ihre Abfragen bei zwei verschiedenen Zuschauerinnen für ihre improvisierten Lieder recht zäh und zu lang. Umso mehr berührt ihr fürs neue Programm komponierter melancholischer Schluss-Song „Die Zeit, sie fließt“.

„Nichts bleibt wie es wird“ wieder 13.4. 2023, Lustspielhaus,, Karten ab 30,- (erm. 20,-); www.almahoppe.de; www.katiefreudenschuss.de