Hamburg. Das muss man erlebt haben, um es zu glauben: Wie ein Pianist mit einem außergewöhnlichen Instrument im Kleinen Saal begeisterte.

Arnold Schönbergs Streichsextett „Verklärte Nacht“ trägt seine klangliche Substanz bereits im Titel. Das Stück überhöht das Mythische an der Nacht in einer Weise, wie es wohl nur die Spätromantik vermochte: Zarteste Tremoli streuen Sternenstaub, die Kantilenen winden sich in immer neuen harmonischen Wendungen umeinander, dass einen geradezu erotische Schauder überlaufen. Und wenn Schönberg die beteiligten Stimmen in gläsern-fahlen Liegetönen gegeneinanderschneidet, scheint die Zeit für immer stillzustehen.

Und was hat in all diesem Streicherzauber, bitteschön, ein Klavier verloren? Christoph Schickedanz, im Hauptberuf Professor für Violine an der Hamburger Musikhochschule, hat es gewagt, Schönbergs Frühwerk für Klavierquartett zu bearbeiten. Die Uraufführung ist Schluss- und Höhepunkt eines denkwürdigen Kammermusikabends im Kleinen Saal der Elbphilharmonie.

Elbphilharmonie: Das muss man erlebt haben, um es zu glauben

Mit ihm geht die Reihe „Duplex Coupler Grand Piano“ zu Ende, in der Hamburger Cellist David Stromberg und seine Mitstreiter der Öffentlichkeit in vier Konzerten einen zweimanualigen Flügel vorgeführt hat. Stromberg war bei der Suche nach Celloliteratur auf den Komponisten Emanuel Moór (1863-1931) gestoßen und hatte zufällig herausgefunden, dass dieser Moór auch noch ein begnadeter Konstrukteur war.

Fazit: wenn „Verklärte Nacht“ mit Klavier, dann mit diesem Instrument. Und mit diesem Interpreten. Wie der Pianist Florian Uhlig das silbrig-glöckchenhafte Timbre in den hauchzarten Streicherklang mit hineinwebt, das muss man erlebt haben, um es zu glauben. In keinem Moment wirkt der Flügel wie ein Fremdkörper.

Der Lohn der Mühe: ein immens vielfältiger, reicher, orchestraler Klang

Geschenkt bekommt Uhlig das nicht. Wenn er den besonderen Kniff des Flügels nutzt und die beiden Manuale per Pedal aneinanderkoppelt, erklingt beim Spielen auf dem unteren Manual die obere Oktave mit – die Arbeit, auch die zusätzlichen Saiten anzuschlagen, muss der Spieler allerdings körperlich leisten. Dreimal so schwergängig sind die Tasten im gekoppelten Zustand. Der Lohn der Mühe: ein immens vielfältiger, reicher, orchestraler Klang.

Aber es ist nicht nur die Faszination dieser kostbaren Rarität. Schon als sich die Geigerin Mirijam Contzen und der Bratschist Hartmut Rohde zu Beginn des Abends in die ersten Tongirlanden des Klavierquartetts von Camille Saint-Saëns schmiegen, haben sie das Publikum am Haken. Hier geht es um alles. Hellwach sind die vier, mitreißend lebendig im Ausdruck und betörend in der klanglichen Vielfalt.

Elbphilharmonie: Romanze für Bratsche und Klavier bleibt etwas blass

Natürlich kommt auch Moór an diesem Abend zu Ton. Seine Romanze für Bratsche und Klavier bleibt ein wenig blass. Aber die Cellosonate hat die Intensität und Lebensfülle eines Brahms, ohne epigonal zu wirken.

Großer Jubel für einen sehr besonderen – und endlich einmal gut besuchten – Abend.