Hamburg. Statt in Ohnmacht fallende Frauen gab es beim Konzert gezückte Smartphones. Ein besonderer Überraschungsgast war zu erleben.
Schwere Boots, schwarze Jeans, weißes Shirt, dunkler Cardigan mit dem Tour-Aufdruck „Alive“: Nach drei Jahren ohne Live-Konzerte kehrt David Garrett gewohnt leger und mit musikalisch Altbewährtem zurück auf die großen Bühnen.
Zum Auftakt der Deutschlandtour spielt der Popstar unter den Geigern am Sonntag in der Barclays Arena vor etwa 5000 Fans. Lieder, die für ihn eine besondere Bedeutung haben, sind auf seinem Album „Alive – My Soundtrack“ versammelt, das er hier vorstellt.
David Garrett in Hamburg: 5000 Fans wollen ihn endlich wieder live erleben
Den Bühnenraum nutzt er auch mal liegend die Violine spielend oder lässig auf einem Hocker sitzend, strahlend durchschreitet er später geigend den Mittelgang der Halle. Keine Frage: Garrett genießt es, wieder im Rampenlicht zu stehen.
Zuletzt hatte wohl Niccolò Paganini (1782–1840), der „Teufelsgeiger“, so viele Menschen für das Geigenspiel begeistern können, und schon damals musste den zahlenden Zuschauern ein Spektakel geboten werden. Paganini war nicht nur Geigenvirtuose, sondern auch Entertainer.
Kunst, Kommerz und Unterhaltung – vieles hat sich nicht so sehr geändert. Was früher bei Konzerten vor Aufregung in Ohnmacht fallende Frauen waren, sind heute entzückt in die Höhe gereckte Smartphones. Nun ist David Garrett gewiss nicht mit dem Teufel im Bunde, ganz sicher aber ist er ein technisch herausragender Violinist. Einer, der sich nicht nur in der klassischen Welt bewegt, sondern den Stilmix zu seinem Markenzeichen gemacht hat.
Das Konzertprogramm zelebriert die Freude am Leben
Mit „Alive“ bewegt sich Garrett quer durch alle Genres und setzt auf die Dauerbrenner aus seinem Repertoire. Die klassische Musik für eine möglichst große Hörerschaft attraktiv machen – das ist von jeher sein Erfolgskonzept. Dem wird er mit Prokofjews „Tanz der Ritter“, rockigen Versionen von Beethovens Allegro con brio aus der 5. Sinfonie und dem zweiten Satz der 7. Sinfonie oder dem Confutatis aus Mozarts Requiem gerecht.
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Der Rest des Abends ist mit Filmmusik, Pop und Rock bestückt. Ein seufzendes „Oh“ geht bei „Beauty and the Beast“ durch die Reihen, ein seliges „Ah“ bei John Miles‘ „Music“. „Smooth Criminal“, „Happy“, „Pirates of the Carribean“, „Purple Rain“, „Imagine“ und „Stayin’ Alive“: Es ist eine Aneinanderreihung von Hits, die die Freude am Leben zelebrieren. Ein Höhepunkt des Abends: Überraschungsgast Olli Dittrich, der das Schlagzeug bei „Bella Ciao“ übernimmt.
David Garrett in Hamburg: Echt, nahbar und aufrichtig
David Garrett hat schon immer polarisiert. Während für die einen die Mischung aus Klassik und Pop ein Sakrileg darstellt, empfinden andere das als gelungenes Einreißen stilistischer Grenzen. Sicher ist: Garrett hat ein außergewöhnliches Gespür für sein Instrument. Sämtliche Songs sind aufwändig arrangiert und haben immer Verweise in die Klassik – etwa „Paint It Black“ von den Rolling Stones, in das Strawinsky-Elemente eingebaut sind. Sein Geigenspiel wirkt echt, nahbar und aufrichtig.
In der Barclays Arena erreicht die Stimmung bei „Viva La Vida“ ihren Höhepunkt: alles steht, jubelt und klatscht im Takt. Um eine Zugabe lässt David Garrett sich dann auch nicht lange bitten. Zum Abschluss gibt es „What A Wonderful World“, illuminiert durch ein Handy-Lichtermeer. Da ist am Ende dann für jede und jeden etwas dabei.