Hamburg. Die spanisches Anti-Musical-Performance „Magical und Elastic“ verlor viel Publikum, ein US-Choreograf konnte effektvoll überzeugen.
Sie tut einem ein bisschen leid, die spanische Performerin und Konzeptkünstlerin Cuqui Jerez, wie sie da vor dem geschlossenen Vorhang der Kampnagel-Halle k1 steht und mit leiser Verzweiflung versucht, das Publikum zu überzeugen, dass ihr Auftritt und das, was sie nun ankündigen muss, nicht zur Show gehören. Die wird nämlich jetzt abgebrochen, eine gute Dreiviertelstunde vor Schluss. „Technische Probleme“, sagt Cuqui Jerez und zuckt entschuldigend mit den Schultern.
Ein ordentlicher Teil des Publikums ist da eh schon weg. Selbst langjährige Festival-Vertraute suchen während der „Anti-Musical“-Performance mit dem sprechenden Titel „Magical und Elastic“ das Weite. „Hurz!“ ruft einer kurz in den Saal, als das Ensemble noch mit heiligem Ernst, minimalistischem Körpereinsatz und in fleischfarbenen Trikots magisch und elastisch die Mechanismen des Genres offenlegt. Auch wenn den Übriggeblieben dieser Publikumsauslese nun eine Dreiviertelstunde im Stoff fehlt: Man ahnt die Reise. Und im Avant-Garten ist es beim Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel ja sowieso am schönsten.
Kampnagel: „Blue“ feiert Deutschlandpremiere
Wobei das natürlich ungerecht ist. In der p1 sieht man blau, alles blau. Die Lichtinstallation an der Decke, der Lounge-Chair, die Frisierkommode, der Teppich. Darauf liegt Raja Feather Kelly in einem blauen Ganzkörperanzug mit gigantischem Tüll-Rock. Andy Warhol steht Pate für den dritten Teil der „Ugly“-Trilogie des US-Choreografen und Tänzers mit dem Titel „Blue“, die nun ebenfalls beim Sommerfestival Deutschlandpremiere feierte. Mit Tanz hat sie eher wenig zu tun, es ist vielmehr eine Installation, ein performatives Solo, in dem es ästhetisch einnehmend und formal sehr konsequent um das Gefühl von Selbstbehauptung in einer befremdlichen Welt geht.
Kelly inszeniert sich als ganz dem Blau hingegebener Außerirdischer, der – als Tänzer mit homosexueller, schwarzer Identität – von der Gesellschaft nicht gesehen wird. Er tut dies mit wenigen zarten, aber sehr effektvollen Gesten.
Theaterkritik: Tableau des Außenseitertums inszeniert
In „Blue“ kreiert der vielfach preisgekrönte Choreograf und Tänzer ein eindringliches Tableau des Außenseitertums und der Einsamkeit, voller Würde und Schönheit. Als er sich schließlich in den Bühnenhimmel emporfahren lässt, hinterlässt er ein staunendes, tief berührtes Publikum.
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Auch das trifft sich im Anschluss auf dem abends effektvoll erleuchteten und gut besuchten Kampnagel-Festivalgelände. Zum Schwärmen.