Hamburg. Der US-Filmregisseur Gus van Sant liefert mit dem Musical „Trouble“ etwas braves Theater ab beim Sommerfestival.
Der US-amerikanische Pop Art-Künstler Andy Warhol ist bis heute eine Chiffre für vieles: Boheme-Lebensstil, mühsamer Aufstieg zu künstlerischer Bedeutung aus jugendlicher Verwirrtheit, obsessive Verehrung anderer Berühmtheiten, Homosexualität. Es ist nicht schwer, ein Musical über seine Biografie glamourös aussehen zu lassen. „Trouble“, der Warhol-Theaterabend von US-Filmregisseur Gus van Sant sieht dann auch sehr gut aus anlässlich der Deutschlandpremiere beim koproduzierenden Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel. Viel mehr aber auch nicht.
Denn Gus van Sant, maßgeblicher Regisseur des New Queer Cinema („My Private Idaho“, 2003, „Milk“, 2008) beschränkt sich darauf, die Lebensstationen Warhols wie in einem braven Volkshochschul-Kursus herunterzubeten, was dann leider sehr konventionelles Theater, aufgelockert durch ein paar lauwarme Musical-Songs ergibt.
Theaterkritik: Nur junge Darsteller auf der Bühne
Alle Figuren werden von jungen portugiesischen Darstellern im Alter zwischen 17 und 27 Jahren gespielt. Das ist folgerichtig, wenn man Warhols Haltung bedenkt, dass nur noch junge Menschen eine Rolle im Film, in den Medien oder im Radio übernehmen würden. Sie stehen Pate für die Utopie vom sich durchsetzenden Künstlertum und den damit einhergehenden Freiheiten. Diogo Fernandes wandelt sich als Andy Warhol vom schüchternen, bebrillten Werbegrafiker der 1950er-Jahre erst zum Super-Fan, der Truman Capote und Jasper Johns hinterhersteigt und schließlich zum angesagten Factory-Künstler, der seine Freundin Edie Sedgwick (Helena Caldeira) mit sanfter Stimme aber doch großem Ego in den Wahnsinn treibt.
Am Ende fertigt er zwar Adel-Porträts für horrende Summen an, künstlerisch ist er dennoch zumindest in „Trouble“ irgendwie gescheitert. Das Ensemble spielt beachtlich auf und die von José Capela mit António Pedro Faria und Bildern von José Carlos gestaltete Bühne spiegelt den schillernden Kunstkosmos sehr leichtfüßig, allein die schmale Erzählung können sie nicht auffangen.
Theaterkritik: Joan Wasser gibt kleines Kammerkonzert
Wie gut, dass im Anschluss die wunderbare Musikerin Joan Wasser mit ihrem Bandprojekt Joan as Police Woman noch im Club aufspielt. Ein kleines Kammerkonzert ist es mit den drei musikalischen Mitstreitern Parker Kindred (Schlagzeug), Benjamin Lazar Davis (Bass) und Eric Lane (Keyboard), aber hier sitzt der Rhythmus, die Bass-Läufe sind äußerst erlesen und das Songwriting ist sowieso vom Feinsten. Die Musikerin selbst begeistert mit ihrem schönen, tiefen Alt und wechselt behände zwischen mehreren Tasteninstrumenten, Gitarre und Mikrofon hin und her.
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Sie brilliert mit Songs vom Jazz-inspirierten aktuellen Werk „The Solution Is Restless“, wie dem euphorischen „Geometry of You“ oder dem schönen epischen „The Barbarian“. Mit „Tell Me“ und „The Magic“ wird es tanzbar. Aber auch ihre reduzierten Arrangements etwa des Michael McDonald-Klassikers „I Keep Forgettin‘“ sind unbedingt den Besuch wert.
Internationales Sommerfestival bis 28.8., Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de