Hamburg. Die Kalifornier spielten in Hamburg alle Hits und viele Soli. Schließlich brauchen alte Helden auch mal Pause.

Ja sicher war das ein gutes Konzert, mehr als 4000 im Halbrund des an diesem Abend herrlich mildsommerlichen Stadtparks konnten sich nicht irren. Eine legendäre Band war mal wieder nach Hamburg gekommen, herbeigesegelt von den fernen Gestaden der 1980er-Jahre, einer Zeit, in der der Begriff „Yacht-Rock“ noch nicht erfunden war, aber voller Überzeugung mit Leben gefüllt wurde. Kalifornien, Chillen, entspannte Popmusik mit Harmonien, meistens soft, aber auch nicht immer. Denn „Hold the Line“ ist doch fraglos ein Rocksong, oder?

Jedenfalls ein Kracher auf NDR 90.3, bei dem wir das Bügeleisen schon mal besonders vehement aufs Businesshemd aufsetzen. Spötter könnten sagen, dass Toto seit Jahrzehnten der Soundtrack für Betriebsfeiern ist, Marschiermusik für Bürohengste. Kenner wissen aber: Ein Monsterhit und Evergreen wie „Africa“ wird auch noch in 100 Jahren zum kulturellen Gedächtnis der Menschheit gehören.

Toto im Stadtpark: „Africa“ kam fast ganz am Ende

Keine Frage, dass Toto „Africa“ ganz am Ende spielten. Da wurden dann die Handys gezückt und inbrünstig mitgesungen, als der Regen endlich wieder in Afrika herunterging. Die ewige Hymne auf einen Kontinent, über deren Entstehen die Legende im Umlauf ist, Keyboarder David Paich sei beim Fernsehen auf die Hungersnot aufmerksam geworden und habe dann ratzfatz diesen Song für alle Zeiten zu Papier gebracht.

Paich ist ein Toto-Urtyp, quasi, jedenfalls schon in Zeiten des Mainstreamerfolgs dabei gewesen. Auch Gitarrist Steve Lukather ist von Anfang an dabei und derzeit mit Joseph Williams, der 1986 zu Toto stieß , das Aushängeschild der in der mittlerweile 15. neuen Formation auftretenden Liveband.

Lukather erinnert an lange verblichene Toto-Mitglieder

Lukather („Ich mache das alles schon so lange aus Liebe zur Musik“) erinnerte das Publikum an ehemalige, teilweise schon lange verblichene (der Signature-Drummer der 80er schlechthin, Jeff Porcaro, starb bereits 1992 mit nur 38 Jahren) Toto-Mitglieder. Und gniedelte dann fröhlich stellenweise überlange Gitarrensoli, die Songs wie „Rosanna“ nichts wirklich hinzugewannen. Aber was soll’s, den Szenenapplaus hatte Lukather sich verdient.

Die Figur des Gitarren-Gockels darf schließlich nicht von der Bildfläche verschwinden; das haben die Punker nicht geschafft und auch nicht R&B und HipHop, die erfolgreichsten Pop-Disziplinen der Gegenwart. Power genug für seinen Einlagen hatte Lukather, weil seine Jungmannen ihm (und den anderen Oldies) zwischendurch Pausen gönnten. Mal war es Keyboarder Dominique Taplin, der ein paar Minuten solierte, dann Schlagzeuger Robert Sput Searight, der mit seinem Einsatz das Programm füllte.

Alte und Junge, bei Toto vereint

In Hamburg spielte die Band zwei Stunden und ließ dabei wenig aus, was das Potenzial hatte, das Publikum in Verzückung zu versetzen. Der Sound einer vergangenen Epoche wurde im Stadtpark herausgeputzt für ein Publikum der Alten und Jungen. Mochte den Betrachter der Ü-70-Connaisseur, der mit freundlichem Blick auf die Altersgenossen auf der Bühne schaute, nicht wirklich überraschen, staunte man dann doch über den ein oder anderen jungen Menschen, der selbstgewiss mit Sonnenbrille und Band-T-Shirt zum Bierstand lief.

Die Jugend von heute und der Yacht-Rock, es könnte tatsächlich Liebe sein.