Hamburg. Barbara Schmidt-Rohr zeigt eine Performance, in der die Natur längst zerstört ist. Hier kommen viele kluge und schöne Ideen zusammen.

Die Hamburger Performance-Künstlerin Barbara Schmidt-Rohr hat zuletzt vor allem digitale Welten ausgelotet. In ihrer neuen Arbeit „Stay Romantic“, die jetzt Premiere auf Kampnagel feierte, verbindet sie Installation, Performance, Musik – und digitale Welten. Wobei man sich am Ende fragt, ob das nicht doch ein wenig zu viel des Guten ist.

Groß überragt ein Panorama-Gemälde die Bühne. Zu sehen sind die typisch aufgewühlten Wolken und der Feuerschein von William Turner, aber es ist eine eigene Kreation in Anlehnung an den berühmten britischen Romantik-Maler. Ein junges Mädchen in Begleitung zweier Kinder führt durch ein auf verbranntem Kork ruhende Installation einer toxisch zerstörten Natur: Ein darbender Vogel symbolisiert die Wasserkrise. Von einem Handy unter einer Glasglocke haben Maden Besitz ergriffen. Natur und Technik sind gleichermaßen der Zerstörung ausgesetzt.

Kampnagel: „Stay Romantic“ ist hilflos und hoffnungsvoll

Ja, angesichts der Krisen und Kriege in der Welt könnte man sich wieder nach der romantischen Epoche sehnen, nach Phantastik und subtiler Schönheit, nach etwas pathetischer Pop-Musik, auch nach einer Aufgeräumtheit. Aber eine Welt ohne Aufklärung? Ohne Diversität? Schwer vorstellbar.

Ein Video setzt ein, das auf die Leinwand des Gemäldes projiziert wird. Apokalyptische Gegenden, abgestorbene Natur, dazwischen kleine digitale Gimmicks wie Smileys. Zurück zur Bühnensituation. Neun Performerinnen und Performer bewegen sich nun zitternd und tastend durch den Saal. Toll sind sie aufgemacht, in zarte Stoffe gehüllt, mit blumigen Frisuren versehen. Ein wenig wirkt es wie das Wiederaufbäumen der Natur nach der Katastrophe. Gleichzeitig hilflos und hoffnungsvoll.

Ein sinnliches Erlebnis auf Kampnagel

Leise elektronische Klänge kommen hinzu, von dem Musiker Tom Gatza aus analogen Gerätschaften entlockt. Darüber schwebt die tolle Stimme von Catharina Boutari. Einmal verbinden sich drei Tänzerinnen, darunter Co-Choreografin Yolanda Morales, zu purer Innigkeit, Gemeinschaft. Bis es ganz romantisch wird, wenn der Tänzer Robin Rohrmann das Mikrofon ergreift und die doch sehr süßliche Pop-Schnulze „Simulation Swarm“ von Big Thief anstimmt.

In „Stay Romantic“ kommen sehr viele kluge und schöne Ideen zusammen, die ein sehr sinnliches Erlebnis schaffen. In der formalen Zusammenschau laufen sie jedoch Gefahr, sich gegenseitig zu überlagern. Manchmal ist weniger mehr.

Barbara Schmidt-Rohr: „Stay Romantic“ bis Sa 28.5., jew. 20 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de