Hamburg. Pianist Sebastian Knauer und das Konzerthausorchester Berlin spielten ein Werk, das im ukrainischen Odessa uraufgeführt wurde.

Als im ersten Pandemiejahr 2020 in Deutschland reihenweise Konzerte ausfielen und Uraufführungen verschoben werden mussten, hatte der Pianist Sebastian Knauer Glück, mit der Uraufführung eines von ihm in Auftrag gegebenen Werkes in ein anderes Land ausweichen zu können. Dass es ausgerechnet jenes Land war, in dem heute einer der verheerendsten Kriege herrscht, konnte er damals nicht ahnen.

Am 20. August 2020 hatten er und das Nationale Philharmonische Orchester Odessa anlässlich des 250. Geburtstagsjubiläums von Ludwig van Beethoven die Beethoven-Variationen „This is (not) Beethoven“ für Klavier und Orchester des iranischen Komponisten Arash Safaian in Odessa zur Uraufführung gebracht.

„This is (not) Beethoven“ in der Elbphilharmonie

Am Sonntag nun wurde dieses Konzert in der Elbphilharmonie wiederholt und der Pianist freute sich, dass er eine der ukrainischen Zuhörerinnen von damals, die inzwischen nach Deutschland geflohen ist, ebenso willkommen heißen konnte wie den persönlich angereisten Komponisten. Diesmal begleitete ihn das Konzerthausorchester Berlin, das trotz eines vollen Terminkalenders das Programm ganz kurzfristig einstudiert hatte.

Erst einmal leitete Knauer den Abend allein mit dem ersten Satz aus Beethovens „Mondscheinsonate“ ein, deren Themen in Safaians eigenwilligem Stück das Material zu etlichen Variationen liefern sollten. Der niederländische Dirigent Bas Wiegers, der für den erkrankten Marc Albrecht eingesprungen war und in weniger als vier Tagen dieses Stück erarbeiten musste, ließ die Variationen nahtlos in die Klaviersonate übergehen. Das groß besetzte Orchester schwang sich gleich zu gewaltigen Steigerungen auf und Arash Safaian katapultierte den Klassiker Beethoven mit großen Schwellern und nicht wenig Pathos glatt in die Klangwelt der Romantiker.

Beethoven-Variationen in der Elbphilharmonie: Hörner hatten nicht ihren besten Tag

Zwei Hörner untermalten die Klaviersoli und Trompeten blitzten auf, bevor Knauer und die Konzertmeisterin in der zweiten Variation Teile aus Beethovens Klaviertrio op.2,3 kammermusikalisch zitierten und variierten und allmählich vom Orchester begleitet wurden, das Beethovens Originalparts in gewisser Weise übermalte.

Später traten in einem langen Klaviersolo und wieder adaptiert vom Orchester Motive aus Beethovens 3. Klavierkonzert auf. An manchen Stellen, wo etwa Flöten und Oboen von hohen Streichertremoli und gedämpften Blechbläsern begleitet wurden, fand Safaian zu interessanten Klangeffekten. Er vermied es aber, mit Hilfe zeitgenössischer Kompositionstechniken Beethovens Musik zu deformieren oder zu verfremden. Auch an Beethovens Sinfonie Nr. 7, die später dann noch im Original zu hören war, hatte sich Safaian bei seinen für Sebastian Knauer und das Orchester höchst unterhaltenden und virtuosen Variationen bedient.

Bas Wiegers und das Orchester hatten ihre Freude an dem steten Wechsel von Aufbegehren und Gefälligkeit in der so sprudelnd lebendigen Siebten von Beethoven – auch wenn die Hörner mit ein paar hässlichen Kieksern nicht ihren besten Tag hatten. Das Presto hatte gleich den richtigen Drive, nachdem der Maestro glatt eine kleine Tanzgeste zum Besten gab, bevor er den ersten Einsatz gab. Dem Sog des Finales mit seinen rauschhaften Wirbeln und Tempi konnte man sich am Ende jedenfalls nicht mehr entziehen.