Hamburg. Vor dem Konzert unter dem Motto „Canto di speranza“ gab es eine Schweigeminute, um Solidarität mit der Ukraine auszudrücken.

Er komponierte gegen den Zustand der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg an, gegen sein Leiden daran, und doch hat er den Kampf verloren. Bernd Alois Zimmermann, Jahrgang 1918, ging 1970 in den Freitod. Seine Verzweiflung drückte sich 1969 etwa in seinem „Requiem für einen jungen Dichter“ aus, wo ein Satz des Österreichers Konrad Bayer Bände spricht: „worauf hoffen? / es gibt nichts was zu erreichen wäre, außer dem tod“.

In der Elbphilharmonie setzte man beim Gastspiel des Gürzenich-Orchesters Köln unter François-Xavier Roth mit einem spannenden Querschnitt durch die Musik Zimmermanns zu dieser düsteren Sicht einen Kontrapunkt. „Canto di speranza“ – Gesang der Hoffnung hieß das Motto. Hoffnung und Solidarität sprach Dirigent Roth in einem Statement den Menschen in der Ukraine aus. Es folgte eine Schweigeminute.

Elbphilharmonie: Musik von Zimmermann als Gesang der Hoffnung

Das war keine Marotte, sondern zwingend. Wie kaum ein anderer Komponist hat Zimmermann an den psychischen Folgen des Zweiten Weltkriegs gelitten. So verschieden die Werke des 70-minütigen Abends waren, so sehr spürte man in jedem Stück den Aufschrei gegen den Wahnsinn.

Der nervös-gewaltigen frühen „Sinfonie in einem Satz“ am Anfang folgte als extremer Kontrast „Stille und Umkehr“, Musik des Stillstands aus Zimmermanns Todesjahr. Nahtlos ging es in das rein elektronische „Tratto II“ mit nagenden fiependen Klängen. Und wieder ein Kontrast mit der karikaturistischen Musik-Zitaten-Kollage der „Musique pour les soupers du Roi Ubu“ (Tafelmusik für König Ubu). Am Schluss das gleißend-beißende Lichtklang-Werk „Photoptosis“. Schockiert, bewegt, aufgewühlt ließ einen dieses Konzert nach Hause gehen, auch dank der faszinierend zwingenden Interpretation von Orchester und Dirigent.

Ersatzprogramm: Oper „Die Soldaten“ fiel aus

Eigentlich sollte Zimmermanns Oper „Die Soldaten“ aufgeführt werden, die wegen des riesigen Apparates Pandemie bedingt ausfiel. Sie hätte von dem bekennenden Zimmermann-Fan, dem Regisseur Calixto Bieito inszeniert werden sollen, der sich auch für dieses Ersatzprogramm eine Choreographie überlegt hatte: Ein Performer und eine Performerin agierten meist zwischen aber auch während der Musik vor dem Orchester, legten sich in eine Art gläsernen Sarg, „rasten“ auf auf Ständern fixierten Fahrrädern dahin, beschmierten sich mit Rasierschaum. Zum Teil absurde Aktionen, die aber Zimmermanns gegen das Absurd-Wahnsinnige ankämpfende Musik kommentierten.