Hamburg. Christa Krings brilliert in Klaus Wirbitzkys „Das Pferd will eine Elfe sein“, ein kluges wie trauriges Highlight im Independent-Theater.

Balletttänzerinnen haben es nicht leicht. Kräftezehrende Ausbildung, ständiger Konkurrenzkampf, mit Glück eine schlecht bezahlte Ensemblestelle. Und mit spätestens 30 ist die Karriere vorbei. Victoria-Marie hat das alles schon hinter sich: Heute unterrichtet sie unbegabte Nachwuchstänzerinnen. Und quält ihren Pianisten. Und spinnt sich langsam in ihren Erinnerungen ein: wie sie Primaballerina war. Wie sie Pina Bauschs Tanztheater für sich entdeckte. Wie sie sich in Anatol verliebte, aber als Tänzerin ist man leider nicht für eine Beziehung gemacht.

Klaus Wirbitzky hat den im Sprechwerk uraufgeführten Monolog „Das Pferd will eine Elfe sein“ Christa Krings auf den Leib geschrieben: Die Schauspielerin, Tänzerin und Sängerin ist fit in allen drei Disziplinen und gleichzeitig distanziert genug, um die schmerzhaft schöne Lebensbeschreibung ohne blutendes Herz zu spielen. Denn Victoria-Marie ist gescheitert: Sie liebt zwar das Tanztheater Pina Bauschs, aber sie hat nicht verstanden, dass Bausch nicht nur die Ästhetik der Tanzkunst verändert hat, sondern auch die Hierarchien.

Sprechwerk Hamburg: Konkurrenz zwischen Balletttänzerinnen

Ein Satz wie „Es kann nur eine Primaballerina geben!“ ist seit Bausch hohl, aber weil Victoria-Marie ihn tief verinnerlicht hat, kann sie alle anderen Tänzerinnen nur als Konkurrentinnen sehen. Und die schlimmste Konkurrentin ist ihre Schülerin. Die nennt sie konsequent „Pferd“, auf dass die bloß kein Selbstbewusstsein entwickle, um ihr die Position streitig zu machen.

Hilft aber nichts. Am Ende schnappt ihr „das Pferd“ das Engagement für einen Werbespot weg, die Weinlieferung will bezahlt werden, und der leidgeprüfte Pianist (Sebastian Hubert) ist auch fort. Einen Hoffnungsschimmer freilich gönnt Wirbitzky seiner Heldin: Das Telefon klingelt, und ein Theater bittet um Rückruf, vielleicht ergibt sich ja was? Okay, das Theater ist die Landesbühne Weser-Ems, aber man nimmt, was man kriegen kann: Balletttänzerinnen haben es nicht leicht.

Aber das Sprechwerk hat mit „Das Pferd will eine Elfe sein“ nach dem kürzlichen Erfolg „Der nackte Wahnsinn“ schon wieder einen so klugen wie traurigen Hit im Programm und etabliert sich innerhalb der Hamburger Off-Szene konsequent als führende Bühne für gleichzeitig traditionelles und kreatives Independent-Theater.

„Das Pferd will eine Elfe sein“, wieder am 26.11., 22.12., 20 Uhr, Sprechwerk, Klaus-Groth-Str. 23, Tickets unter 24423020, www.sprechwerk.hamburg