Hamburg. Jazztrompeter Nils Wülker und Band spielten ein Stehkonzert im Stage Club. Eine besondere Erfahrung in diesen Corona-Zeiten.
Es ist ein Reflex geworden, trotz 2G und entsprechend strenger Einlasskontrollen: der Blick auf die Platzsituation. Wie nah werden wir uns an diesem Abend kommen, wie viele tragen eine Maske (obwohl sie es nicht müssten)? Einfach nur auf das Konzert freuen? Leider schwierig.
In ganz besonderer Weise galt das beim Auftritt von Trompeter Nils Wülker und Band im sehr gut gefüllten Stage Club. Immerhin dürfte das Gros der Anwesenden ein solches Setting seit mindestens anderthalb Jahren nicht mehr erlebt haben: ein Stehkonzert ohne durch Sitzreihen festgelegte Abstände, Menschen, die sich vorbeidrängen, um an der Bar ein Getränk zu holen – echte Konzertatmosphäre eben.
Stage Club: Wülkers Trompetenspiel ist über jeden Zweifel erhaben
Mancher suchte sich deshalb einen Platz etwas abseits der Masse, doch insgesamt war umso weniger Zurückhaltung zu spüren, je weiter der Abend fortschritt. Was natürlich vor allem an dem lag, was da von der Bühne kam: mal dezent-melancholischer, häufig mächtig treibender Jazz mit Electro- und sogar Rockelementen – ein Fusionsound, mindestens zum Mitwippen, oft sogar regelrecht tanzbar.
Viele Nummern des aktuellen Albums „Go“ gab es zu hören, auch „Distorting Time“, geschrieben im ersten Lockdown als ihm, so Wülker, das Zeitgefühl abhanden zu kommen drohte. Ein Konzerthöhepunkt: „Highline“, ursprünglich eingespielt mit US-Trompeter Theo Croker und mit auf viele 1000 Kilometer ausgebautem „social distancing“. Der Gast spielte seinen Part in den Staaten ein und schickte ihn an Wülker in München.
Im Stage Club war Croker zwar nicht dabei, dafür sorgten Keyboarder Albin Janoska, Gitarrist Arne Jansen und Schlagzeuger Oli Rubow speziell mit ihren Soloeinlagen für große Begeisterung. Und Wülkers lyrisches Trompetenspiel ist eh über jeden Zweifel erhaben. Ein schöner Abend. Trotz allem.