Hamburg. Ein Klassiker am Jungen Schauspielhaus: Wenn im Retro-Radio der „Pinocchio“-Jingle erklingt, wird es wohldosiert exzentrisch.

Wer die legendären „...allerdings mit anderem Text und auch mit anderer Melodie“-Abende von Barbara Bürk und Clemens Sienknecht am „großen“ Schauspielhaus kennt (es gibt sie dort in den Geschmacksrichtungen Anna Karenina, Effi Briest und Nibelungen), dem begegnen in der „Pinocchio“-Premiere (Fassung und Regie: Barbara Bürk) am Jungen Schauspielhaus so einige Déja-vu-Momente.

Wenn Sienknecht sich in aller Ruhe per Loop-Station durch eine Holzwerkstatt arbeitet und dadurch einen eigenwilligen Sound zusammenbastelt, wenn das knisternde Retro-Radio den „Radio Pinocchio“-Jingle einspielt, wenn die Heimorgel orgelt. Die Komik entsteht auch hier durch die lakonische, immer leicht nerdige Ernsthaftigkeit, mit der all das passiert.

„Pinocchio“ am Jungen Schauspielhaus: Spielfreude entzückt

Die Bühne von Anke Grot erinnert an eine Jahrmarkt-Bretterbude, auf der sich die beiden Tischlermeister Kirsche (Sienknecht) und Geppetto (Hermann Book, der wie nahezu alle Kollegen in mehreren Rollen überzeugt) in allerfeinster Louis-de-Funès-Manier („Nein!“ – „Doch!“ – „Nein!“ – „Doch!“ – „Oooh!“) Fechtduelle mit den Fuchsschwanzsägen liefern.

Überhaupt sind es in dieser Inszenierung – die pandemiebedingt fast ein Jahr bis zur Premiere liegen musste – vor allem die Spielfreude und der Spaß am „handgemachten“, geräuschvoll untermalten Theater, die auch beim Zusehen entzücken.

Der Klassiker um den gutgläubigen Marionetterich Pinocchio (zauberhaft: Nico-Alexander Wilhelm), der so gern ein lebendiger Junge sein möchte und dabei kuriose Abenteuer (und selbstverständlich auch eine Nasen-Verlängerung) erlebt, ist fantasievoll nacherzählt, toll besetzt (erwähnt sei auch Christine Ochsenhofer), mit Musik und mit skurriler Komik angereichert, wobei die Ironie nie die Figuren verrät. Ein zugleich nostalgisches und wohldosiert exzentrisches Vergnügen.

„Pinocchio“, Junges Schauspielhaus (Wiesendamm), Restkarten derzeit nur für die Vorstellung am So 19.12., 15 Uhr, unter T. 248713, ab 8 J.