Hamburg. Anders als Cecilia Bartoli, aber absolut großartig: Lea Desandre begeisterte mit Barockarien – begleitet vom Ensemble Jupiter.

Als wilde, mordende Amazone der Antike kann man sich diese zierliche junge Frau ja so gar nicht vorstellen. 28 Jahre jung ist die französisch-italienische Mezzosopranistin Lea Desandre, die am Montag mit ihren Freundinnen und Freunden des Ensembles für Alte Musik „Jupiter“ in der Laeiszhalle zu Gast war. Anlass für dieses Konzert gab die neue, beim Warner-Label Erato erschienene CD „Amazone“ der Künstlerin, auf der sie teilweise kaum bekannte Opernarien des Barock rund um die Amazonen-Thematik vereint.

Ganz in den Fußstapfen der großen Cecilia Bartoli stöberte auch Desandre zusammen mit Thomas Dunford, dem Lautenisten und Leiter des Ensembles „Jupiter“, in den Archiven nach unbekanntem Repertoire, das die kämpfenden Frauen der Sage und ihre realen Vorbilder aus dem Reich der Skythen in allen Variationen aufgreift. Dabei beförderte sie wahre Schätze wie die Oper „Marthésie“ von André Cardinal Destouches zutage, die von der ersten Königin der Amazonen handelt. Auch Giuseppe de Bottis „Mitilene, Regina della Amazzoni“ über eine weitere Herrscherin dieser furchterregenden Damen dürfte den allerwenigsten Besuchern dieses Konzerts ein Begriff gewesen sein.

Laeiszhalle: Lea Desandre begeistert als Sopranistin

Lea Desandre, der neue Shootingstar unter den Mezzosopranistinnen, feierte schon bei den Salzburger Festspielen Triumphe in Mozart-Opern und vertrat bei ihrem Hamburger Konzert einen Stil, der sich von der oft plakativen Dramatisierung barocker Opernarien, die die große Bartoli so liebt, schon deutlich unterscheidet. Die junge Sängerin steht mehr für eine noble Zurückhaltung, ein wirkungsvolles, am Ende aber doch schlichteres Andeuten von Emotionen.

Selbst bei einer empörten Wut-Arie wie Carlo Pallavicinos „Sdegni, furori barbari“ aus „L’Antiope“ verzichtet sie auf szenische und mimische Übertreibung und konzentriert sich ganz auf die barocken Affekte, die die Komponisten jener Zeit in rasenden Koloraturen und rhythmischen Impulsen musikalisch einflochten. Das passte zu Arien wie „Quel coup me réservait la colère céleste“ von Destouches, in dem auch der Selbstzweifel ob der ungebremsten Gewalt der Amazonen eine Rolle spielt.

Besonderes Klangerlebnis in der Laeiszhalle

Leger gekleidet in ein weißes Shirt und eine knöchellange blaue Hose passte sich der Opernstar dem Outfit des großartigen Theorben-Virtuosen Dunford an, der mit hochgekrempelten Hemdsärmeln ein instrumentales „Plainte en sol mineur“ von Marin Marais anstimmte. Zur Begleitung schlug und rieb der Schlagzeuger Kyvan Chemirani mit Fingern und Handflächen das Fell seiner barocken Trommel und Doug Balliett ließ seinen Kontrabass in tiefster Lage brummen.

Die Ensemblemitglieder von „Jupiter“ waren überhaupt ein Erlebnis, egal ob zwei Geigen bei Vivaldi-Ausschnitten ein sonderbar gebrochenes Duett anstimmten und dabei auf den Korpus ihrer Instrumente klopften oder eine Gambe ohne jedes Vibrato den Ton wie ein Ausrufezeichen im Raum stehen ließ.

Info: www.leadesandre.com