Hamburg. Als “Kanzlersouffleuse“ ist sie bekannt geworden. Jetzt hatte die Hamburgerin mit ihrem Programm “Ihr mich auch“ Premiere.

Sie war fast Teil der Berliner Republik. Als „Kanzlersouffleuse“ gewährte Simone Solga 15 Jahre lang Einblicke ins Zentrum der Macht, kreierte mit ihrer Figur drei satirische Bühnenprogramme, gewann dafür 2014 auch den Deutschen Kabarettpreis. Passé.

Die alte Solga gebe es nicht mehr, ebenso wenig wie die SPD, erklärt sie bei der Premiere ihres neuen Programms in ihrer Wahlheimat Hamburg: „Ihr mich auch“, sagt sich die Kabarettistin im Lustspielhaus. Darin schwingt eine gehörige Portion Zorn mit. Ihrem Ärger verschafft sich die Mittfünfzigerin in neuen Rollen Luft.

Personal der „Groko“ als Witzfiguren

Darstellerisch macht der ausgebildeten Schauspielerin, einst in der Leipziger Pfeffermühle und der Münchner Lach- und Schießgesellschaft kabarettistisch sozialisiert, niemand etwas vor. Tempo und Sprachwitz – teils im Dialog mit sich selbst – sind weiter rasant. Wobei Solga die Gürtellinie für Kalauer zu oft strapaziert.

Am Personal der „Groko“ (Scheuer, Giffey, auch Merz), für sie Witzfiguren, reibt sich Solga kurz, umso mehr aber an den Grünen, am Begriff „Flugscham“ und an geforderten Flugverteuerungen, die primär Ärmere träfen: „Wen wählen wohl die Besserverdiener?“

Simone Solga teilt nach allen Seiten aus

Ideologische Scheuklappen sind Simone Solga („Ich bin eine Qualitäts-Domina“) fremd, sie teilt nach allen Seiten aus. Thema Bildung: Treffend, wie sie als Vertretungslehrerin vor eine 10. Klasse tritt und an ADHS-geplagten deutschen Kindern („Johanna, leg das Smartphone weg!“) und Mitschülern wie „Wotan“, „Wladimir“ oder „Ahmed“ verzweifelt.

„Deutschland hat Tourette“, urteilt sie. Die allgemeine Aggressivität geht Solga spürbar auf den Zeiger. Als polnische Altenpflegerin gewinnt sie eine Außenperspektive, erzielt mit Spott über „Ü-50-Partys“ weitere Lacher und bekennt sich zum Spießertum. Ganz ohne Ironie. Ein langer Schlussapplaus des Publikums folgt. Dennoch: Ein weiterer Kabarettpreis käme überraschend.

„Ihr mich auch“ wieder Mi 8.4., 20.00, Lustspielhaus, Karten: T. 55 56 55 56