Hamburg. Ariane Matiakh dirigierte das Philharmonische Staatsorchester mit Balance aus Temperament und Klarheit – und viel Blickkontakt.
Doch, es bewegt sich was. Endlich! Auf den Spuren von Vorbildern wie Simone Young bahnt sich gerade eine Riege hervorragender Dirigentinnen den Weg ins Rampenlicht und durchbricht die Männerherrschaft am Pult. Unter ihnen auch Ariane Matiakh, seit dieser Saison Generalmusikdirektorin in Halle, die am Sonntag ein fulminantes Debüt beim Philharmonischen Staatsorchester feierte.
Für ihren Auftritt in der Elbphilharmonie hatte die 39-jährige Französin ein italienisch gefärbtes Programm und ansteckende Musizierlust mitgebracht. Die Dirigentin führte das Orchester mit viel Blickkontakt und positiver Energie – und fand eine ideale Balance aus Temperament und kapellmeisterlicher Klarheit, die es ihr erlaubt, einerseits immer den großen Bogen im Blick zu haben und andererseits viele Details offenzulegen.
Dirigentin Matiakh sorgt für plötzliche Tempoverschärfung
Den Kontrast aus buntem Tschingderassa und einem innigen Englischhorngesang in Berlioz’ Carnaval romain etwa, von der Orchestersolistin hinreißend gespielt. Oder die Charakterwechsel in der Italienischen Sinfonie von Mendelssohn, in der die Handschrift von Matiakh noch etwas deutlicher zutage trat: Mit einer plötzlichen Tempoverschärfung kurz vor Schluss des ersten Satzes. Mit der schönen Idee, das Holzbläserthema im zweiten Satz von den Geigen ohne Vibrato beantworten zu lassen und so eine geisterhafte Atmosphäre zu beschwören. Oder auch mit dem fast atemlos vorandrängenden Finale.
Für ihre mitreißende, virtuos wirbelnde Mendelssohn-Interpretation am Ende kassierte Matiakh die Bravos, die sie schon vorher verdient gehabt hätte. Bei „La Canzone di ricordi“ von Giuseppe Martucci, dessen spätromantische Orchesterfarben die Dirigentin sensibel an den Mezzo von Clémentine Margaine anschmiegte. Zum Niederknien. Bitte schnell wieder einladen, alle beide.