Hamburg. Ein Musikreiseveranstalter brachte Angela Gheorgiu und Piotr Beczala in den Großen Saal – und das Publikum gleich dazu.

So etwas wäre bis vor ein paar Jahren wohl kaum vorstellbar gewesen: Dass ein Musikreiseveranstalter aus Österreich – Mutterland und Hotspot der Klassik – neben New York und Paris auch Hamburg ins Angebot nimmt und gleich mal einen ganzen Saal bucht. Plötzlich ist man von Sitznachbarinnen mit Kärntnerischen und Wienerischen Sprachmelodien umgeben. Moin! Die Elbphilharmonie machts möglich.

Der auswärtige Andrang auf das Konzert, das erst kurzfristig auch für den freien Verkauf geöffnet wurde und nicht ganz bis auf den letzten Platz gefüllt war, ergab sich allerdings nicht ausschließlich aus der Anziehungskraft des neuen Saals, sondern vor allem auch durch die prominente Besetzung. Ein Abend mit Angela Gheorghiu und Piotr Beczala: Das ist schon die vokale Luxusetage.

Gheorgiu und Beczala präsentieren Opernarien-Mix

Begleitet vom Wiener Kammerorchester unter Ciprian Teodorascu, präsentierten die beiden einen Mix aus bekannten und noch bekannteren Opernarien und –duetten von Puccini, Bizet und Co und erfüllten damit die Erwartungen ihres Publikums.

Und zwar nicht nur musikalisch.

Eine echte Diva und ein lyrischer Tenor in der Elbphilharmonie

Zu einer richtigen Gala gehört schließlich auch die Abteilung Glamour. Und da ist vor allem Gheorghiu zu Hause. Die rumänische Sopranistin – zur ersten Hälfte mit schwarzem Kleid und silbernem Umhang eingeschwebt – hat diese majestätische Aura, die Blicke ansaugt und als natürliche Huldigung empfängt. Eine echte Diva eben. Und eine tolle Sängerin, auch mit Mitte 50. Gleich in der ersten Arie aus Adriana Lecouvreur von Francesco Cilea leuchtet ihre Stimme dunkel, sinnlich und glutvoll, offenbart allerdings auch ein paar intonatorische Unschärfen, die sie erst später ablegt.

Piotr Beczala, im festlichen Frack, entfaltet sein edles Timbre mit noch etwas mehr Fülle und demonstriert eindrucksvoll, weshalb er als einer der besten lyrischen Tenöre der Gegenwart gilt. Nur die allerwenigsten vereinen Strahlkraft und süffigen Schmelz so geschmeidig wie er, wenn er etwa mit Cavaradossis „Recondita armonia“ die Schönheit seiner Tosca besingt.

Das Stückwerk des Arienmixes nervt auf Dauer gewaltig

Der Dirigent Ciprian Teodorascu bereitet seinen beiden Starsolisten ein weiches Klangbett; mit dem nicht immer präzisen, aber lebendig mitschwelgenden Wiener Kammerorchester folgt er dem melodischen Strömen der Sänger. Vieles klingt für sich genommen herrlich, stellenweise sogar betörend.

Aber, wie das so ist bei solchen Arienprogrammen: es bleibt über weite Strecken Stückwerk. Weniger wegen der Sprünge zwischen verschienen Opern, sondern weil selbst da, wo es einen inhaltlichen Zusammenhang gibt, das Prinzip Häppchen regiert. Rein und Raus, Aufgehen und Abgehen, nach fast jeder Nummer, immer mit Zwischenapplaus. Dieses klein Gehäckselte nervt auf Dauer gewaltig.

Da große Gefühlskino namens Oper im Großen Saal

Umso dankbarer ist man, wenn die beiden in ihren Duetten zumindest ein klein wenig mehr Raum haben, eine Art Spannungsbogen aufzubauen. In der Tosca, aber auch bei Gounods „Romeo et Juliette“, wo sie sich wunderbar anschmachten und das Sehnen der Liebespaare auch gestisch andeuten. Da ist der Zauber des großen Gefühlskinos namens Oper dann mal etwas länger als drei Minuten am Stück zu spüren.

Am Ende standing ovations, natürlich, und als mittlere von drei Zugaben Puccinis Arie „Oh mio babbino caro“, mit der Angela Gheorghiu für einen traumhaften, bittersüßen Moment die Zeit anhält.