Hamburg. 3500 Fans kamen zur Stadtpark-Premiere von Bluessängerin Beth Hart. Am Ende singen sie: „Gimme my money back“ – nur Spaß.
Was Beth Hart wohl vor 20 Jahren gesagt hätte bei der Vorstellung, irgendwann vor einem vermeintlich gutbürgerlichen Windjacken-Publikum in idyllischem Ambiente aufzutreten? Seinerzeit war ihr Drogen- und Alkoholmissbrauch auf dem Niveau von Ozzy Osbourne oder – naheliegender – Janis Joplin, das Grab nur einen Schritt entfernt. Schattenseiten des Rock’n’Roll-Lifestyles.
Doch die jetzt 47 Jahre alte Blues-Sängerin aus dem Sündenbabel Los Angeles hat überlebt, hat keinen Einlass in den „Club 27“ erhalten, in den neben Janis Joplin auch die ebenso jung gestorbenen Jimi Hendrix, Amy Winehouse und Brian Jones eingetreten sind. Und nun verkörpert diese Überlebende mit großer Authentizität den Blues in all seinen verschiedenen Facetten. Mit dem Buddy-Miles-Song „Miss Lady“ eröffnet Beth Hart am Mittwoch im Hamburger Stadtpark eine 90 Minuten lange Achterbahnfahrt durch Höhen und Tiefen eines Lebens, und erweist sich wieder einmal als fantastische Sängerin.
Beth Hart zieht auf der Bühne alle Showregister
„Konzerte sind wie Pizza, auch schlecht noch ziemlich gut“, begrüßt sie ihre 3500 Fans, um mit „Good As It Gets“ und „Bang Bang Boom Boom“ ein Bluesrock-Feuerwerk abzubrennen. Sie marschiert an der Grasnarbe entlang, macht einem Lapdance vor dem Schlagzeug, und wird im Verlauf des Konzerts auf fast jedem Bühnenmeter stehen, hocken und liegen, ihren Mantel immer wieder über die Schultern rutschen lassen, und singen, stöhnen, keuchen, schreien. Das ist vielleicht etwas zu viel Show, Beth Hart ist auch schon toll, wenn sie nur am mit LED-Teelichtern dekorierten Flügel sitzt. Nicht zu vergessen ihre hervorragende Band mit Gitarrist Jon Nichols, Bassist Bob Marinelli und Bill Ransom, diesem Trommelgiganten, vor dem das Schlagzeug wie ein Spielzeugkit erscheint.
Der Sound ist nicht ganz satt in „dieser wunderschönen Anlage“, wie Hart sich bei ihrer Stadtpark-Premiere nach neun vorherigen Gastspielen in den Clubs der Stadt freut. Aber die abendlich wechselnde Songauswahl inklusive Akustikset am Bühnenrand ist sehr gelungen. Coverversionen von Tom Waits („Chocolate Jesus“), Melody Gardot („If I Tell You I Love You“) und Ella Fitzgerald („Lullaby Of The Leaves“) wechseln sich mit Harts eigenen Stücken ab. Viel Beifall und Szenenapplaus für Soli sind wohlverdient. Nach den ersten Zugaben, „Mama This One’s For You“ und „My California“, singen die Fans bei „Trouble“ von Beth Hart begeistert „Gimme my money back, Motherfucker“ mit, aber niemand wird sein Eintrittsgeld zurück verlangen. Beth Harts Konzerte sind nämlich nicht wie Pizza, sondern wie Pommes: irgendwie immer geil.