Hamburg. Schostakowitschs Operette „Moskau, Tscherjomuschki“ in der Hamburger Opera stabile: Ein großer Spaß auf kleinem Raum.
Trautes Heim, Glück allein? Heutzutage zertrümmern geldgierige Vermieter ja gern jede Hoffnung auf eine bezahlbare neue Bleibe. In der Sowjetunion der Chruschtschow-Ära wurden wie wild Plattenbauten an Stadträndern hochgezogen, um den realen Bedarf an realsozialistischem Wohnraum zu befriedigen. Doch schon damals konnte man offenbar mühelos als Mieter-Kandidat an Mauscheleien, Schlamperei und Blödheit verzweifeln. Ausgerechnet aus diesem nicht gerade nahe liegenden Musiktheater-Thema hat Schostakowitsch eine reizende Sowjet-Operette gezimmert: „Moskau, Tscherjomuschki“, voll möbliert mit jeder Menge Humor und noch mehr putziger Musik, die Welten entfernt war vom Tonfall seiner seriöseren Werke. Und als Spielplan-Randbebauung zur im September anstehenden Premiere von Schostakowitschs „Die Nase“ im September klamaukte Vera Nemirowa schon jetzt eine kleine, feine, brüllend komische Version dieses Stücks in die Opera stabile.
Start mit einer Begrüßungseinlage
Der Spaß fing im leicht verfremdeten Garderoben-Vorraum an, mit einer Begrüßungseinlage. Neben der Bühne, eine Tür weiter, warteten Dirigent Rupert Burleigh und ein fidel tutendes Blasorchesterchen, das einen mitschunkeltauglichen Ohrwurm nach dem anderen herauspustete. In der Kunst, die hehre Tonkunst genüsslich durch den Wodka zu ziehen, war der Gebrauchsmusik-Lieferant Schostakowitsch immer ein verlässlicher Planerfüller. Die Bühne, der Grundriss für die Geschichte: fast leer, nur Baustellenmaterial und Umzugskartons, alles kräftig zugegipst, den Rest musste man sich denken. Was aber gar kein Problem war, weil die Inszenierung dieser „East Side Story“ um einige bestehende und andere erst noch zusammenkommende Paare auch ohne großen Materialaufwand bestens funktionierte.
Beim Kampf um den nächstbesten Wohnungsschlüssel für den Plattenbau der Herzen zeigte sich nicht nur die stimmliche Güte des Ensembles, das vor allem aus aktuellen Mitgliedern des Opernstudios bestand. Es gab, unter anderem: Schwanensee-Parodien, eine reizend bekloppte Schubkarren-Choreografie, viele Kindergeburtstags-Mätzchen, Klimbim-Geprügel und eine Szene, die wirkte, als ob die gesamte Moskauer Mieter-Schicksalsgemeinschaft bei ihrer Housewarming-Party zu sehr an dicken Haschpiroggen geknabbert hatte. Ein großer Spaß auf kleinem Raum.