Hamburg. Der 74-jährige Nordire zeigte interpretatorisches Fingerspitzengefühl. Kommunikation mit dem Publikum ist jedoch nicht seine Stärke.

Um das Konzert von Van Morrison und seiner Band am Dienstag im Stadtpark auf einen Nenner zu bringen, genügen eigentlich zwei Worte: ohne Umschweife. Der 74 Jahre alte Nordire zeigte seine große Musikalität und sein interpretatorisches Fingerspitzengefühl, die ihn fast ein halbes Jahrhundert im Geschäft gehalten haben. Der Auftritt erinnerte aber auch daran, dass die Kommunikation mit dem Publikum nicht unbedingt zu den Stärken des Musikers gehört.

Um 20.05 Uhr kamen Morrison und seine sechsköpfige Band auf die Bühne und legten sofort mit „Let’s Get Lost“ los. Der Stadtpark war an diesem schönen Sommerabend mit rund 4000 Zuhörern ausverkauft, viele in einem Alter, das darauf schließen ließ, dass sie die Musik des Sängers schon lange hören.

Gesprochen hat Morrison kaum, zumindest nicht mit Stadtparkpublikum

Morrison hat ein riesiges Song-Repertoire, aus dem er auswählen kann. Die Spanne reichte im Stadtpark von seinen Anfängen bis hin zu „Ain’t Gonna Moan No More“, einem Titel aus seinem im vergangene Winter veröffentlichten 40. (!) Album „The Prophet Speaks“. Der Titel entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn Morrison sprach kaum, zumindest nicht mit dem Publikum. Er begrüßte es nicht und sagte keine Titel an. Auf der Bühne wurde dagegen ziemlich viel geredet. Morrison tat dies mit seinen Musikern, die taten es untereinander und wiederum mit den Roadies. Zwischendurch wurden neue Notenblätter auf die Bühne gebracht. „Van the man“ benutzt natürlich keinen Teleprompter, er kommt noch aus der analogen Welt.

Die Stücke folgten in einer gewissen Atemlosigkeit aufeinander. Morrison machte gesangliche Verbeugungen in Richtung seiner Kollegen Muddy Waters („Got My Mojo Working“), Lester Young („The New Symphony Sid“), Bo Diddley („Ride On Josephine“) und Carl Perkins („Boppin’ The Blues“). Immer noch mischt er mit großer Leichtigkeit und Eleganz Elemente von Soul, Jazz, Rock und Country. Eigene Klassiker durften nicht fehlen wie das noble „Enlightenment“, das aufgepeppte „Have I Told You Lately“ und „Brown Eyed Girl“.

Morrison – mit dem obligatorischen Hut und Sonnenbrille

Der Belfast Cowboy trug einen Anzug mit Glitzerstreifen sowie den obligatorischen Hut und Sonnenbrille. Bei mehreren Songs griff er sich sein Saxofon und die Mundharmonika und hätte sich einmal beinahe beim Publikum für einen Szenenapplaus bedankt. In der Band konnte besonders Backgroundsängerin Dana Masters gefallen, wenn sie Platz für eigene Vokalausflüge bekam.

Als Rausschmeißer wählte Morrison „Gloria“ aus der Zeit in der Gruppe Them. Der Song hat 45 Jahre auf dem Buckel, machte aber aus dem Stadtparkpublikum einen 4000-köpfigen Backgroundchor. Nach Punkt 90 Minuten verließ der Sänger die Bühne, die Band dieselte noch zehn Minuten nach.

„War ein schönes Konzert, oder?“, fragte auf dem Weg zur S-Bahn ein Besucher seine Begleiterin. „Ja, aber mir waren es zu wenige Balladen“, erwiderte sie. Jammern auf hohem Niveau.