Hamburg. Das No-Budget-Stück „Halbe Wahrheiten“ im Hamburger Sprechwerk ist kein Off-Theater, sondern Off-Off. Projektförderung fehlt.
Greg hat Ginny einen Antrag gemacht. Und der versagt erst mal die Stimme. „Wenn du das ernst meinst, dann weiß ich nicht, was ich sagen soll“, stammelt sie. Das Problem: In Alan Ayckbourns „Halbe Wahrheiten“ ist nichts ernst gemeint. Alles ist Ironie: Kitsch, Formbewusstsein, Sex. Und wo nichts ernst gemeint ist, reden die Leute aneinander vorbei.
Die Schauspieler sind alle begnadete Komödianten
„Halbe Wahrheiten“ ist Boulevard mit doppeltem Boden. Hinter der Verwechslungskomödie versteckt sich eine Gesellschaft, in der niemand mehr weiß, wer das Gegenüber ist, hinter dem Wortwitz die Erkenntnis, dass man keine gemeinsame Sprache mehr hat. Man kann dieses Stück als hintergründig lesen, eine pessimistische Weltsicht aus ihm ziehen, und dass das Ensemble Wortgefechte im Sprechwerk sich auf begeisterte Hingabe an die Komödie konzentriert, ist keine schlechte Entscheidung. Als Theater bleibt so etwas aber im Rahmen des Erwartbaren.
Jasmin Butterfas, Stephan Arweiler, Ines Nieri und Joachim Liesert sind begnadete Komödianten, die Spaß an sich potenzierenden Verwicklungen haben, aber als Arweilers Greg einmal die Handlung mit einem nonchalanten „Wir leben doch nicht mehr im 19. Jahrhundert!“, zu ordnen versucht, möchte man einwerfen, dass auch das 20. Jahrhundert schon länger vorbei ist und mit ihm solch ein rein abbildendes Theater.
Das Sprechwerk füllt die Lücke eines Texttheaters
Bloß dass das am Thema vorbei ginge. Natürlich hätte „Halbe Wahrheiten“ ein klarerer Regiezugriff gut getan, nur: Der Abend ist ein Kollektivprojekt des Schauspielerquartetts, kein Regietheater. Was nicht nur aber auch damit zu tun hat, dass das Sprechwerk aktuell keine Projektförderung mehr bekommt, einzig das Bezirksamt Mitte hat die Produktion mit 3500 Euro bedacht – „Halbe Wahrheiten“ ist schon kein Off-Theater mehr, das ist Off-Off.
Und so bleibt von „Halbe Wahrheiten“ ein ungutes Gefühl: Das Sprechwerk füllt in Hamburg die Lücke eines traditionellen Texttheaters auf hohem Niveau. Förderungswürdig scheint das allerdings nicht zu sein, was die Arbeit auf die No-Budget-Ebene schiebt. Und das ist der Abend eben auch: eine Ahnung, wie gut diese Produktion hätte sein können, wäre sie auch nur halbwegs auskömmlich finanziert!
„Halbe Wahrheiten“ wieder Do 13.6., 20.00, Sprechwerk, Karten unter Telefon 040/69 65 05 05