Hamburg. Vor den Privattheatertagen in Hamburg vom 11. bis 23. Juni trafen sich am Freitag acht Theaterleiter zur lebhaften Diskussion.

Das große Plakat in markantem Hellrot auf Weiß an der Wand der U-Bahn-Station Hallerstraße zeugt davon: Die Privattheatertage kommen. Vom 11. bis 23 Juni steht in Hamburg zum achten Mal die Leistungsschau von privat geführten Bühnen an. Und jene Theatermacher, die bereits am Freitagmittag zum „Vorglühen“ im Logensaal der Kammerspiele saßen, hatten großteils eine weitere Anfahrt als mit der U 1. Sieben Leiter von fünf kleineren Theatern waren der Einladung von Festival-Initiator Axel Schneider gefolgt. In seiner Regie entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Die Theaterschaffenden, alle mit einer Produktion unter fast 90 Bewerbern aus ganz Deutschland nominiert, erörterten auch die Bedeutung der Privattheatertage für ihre Arbeit vor Ort.

„Die Nominierung ist für uns wie ein Ritterschlag“, sagte Petra Behrsing (Das kleine Hoftheater), mit der Zwei-Generationen-Komödie „Herbstgold“ in diesem Jahr einziger Hamburger Vertreter. Sie hatte Das kleine Hoftheater mit ihrer Schauspielkollegin Claudia Isbarn vor 34 Jahren in Wandsbek gegründet und es seit dem Umzug 2006 nach Horn auf professionelle Füße gestellt.

Besonderes Erlebnis bieten

Wertschätzung, da war sie sich mit ihren Kollegen einig, lässt sich nicht bloß in Geld bewerten. Und ohne das viel zitierte „Herzblut“ funktioniere Theater ohnehin nicht. „Wir können davon nicht leben, aber unsere Schauspieler bezahlen“, sagte Behrsing. 28.000 Euro institutionelle Förderung von Hamburgs Kulturbehörde sind ein kleiner Betrag, mit der Zahl von 350 Abonnenten fürs Hoftheater, das sieben Stücke (Komödien, Krimis, auch mal Musical) im Jahr zeigt, ließ die Intendantin indes aufhorchen.

Gero John, mit Sebastian Kautz Leiter der Bremer Bühne Cipolla, schlug indirekt in die gleiche Kerbe: „Wie kann ich Vertrauen zum Publikum aufbauen?“, sei entscheidend. Es gehe darum dem ein besonderes Erlebnis zu bieten, sodass es gern wiederkomme. Und wie man den Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und Populärem schafft. Cipolla, das Stätten für 80 bis 500 Besucher bespielt, hat sich auf Figurentheater mit Musik für Erwachsene konzentriert. Und bei Poes „Der Untergang des Hauses ­Usher“ hätten sie schon „Leute aus der Gothic-Szene“ (Kautz) begrüßt. Alles produziert mit freien Mitarbeitern. Beider Devise: „Rücklagen bilden, sodass wir neue Produktionen finanzieren können.“ Im Abstand von bis zu zwei Jahren.

Auslastungszahlen sind wichtig

Doch die Bedingungen sind in Bremen andere als etwa im teuren München. Petra Maria Grühn, seit 25 Jahren Leiterin vom Teamtheater Tankstelle und in Hamburg mit dem Klassiker „Törless“ vertreten, stützt ihr Haus auf drei Säulen: Literaturadaptionen, Erstaufführungen und französischsprachige Stücke – in München leben gut 15.000 Franzosen. Mit 145.000 Euro bekommt das Teamtheater Tankstelle von der Stadt so viel wie nie, dennoch wurde ihr von der Evaluierungs-Jury vorgehalten, sie spiele zu viel Boulevard, klagte Grühn.

Die Auslastungszahlen, das wurde deutlich, sind Kriterien auch zur Förderung kleiner Bühnen. „Stimmt die Auslastung, stimmen die Finanzen – das ist ein starker Faktor“, sagte Karin Bares (Kleines Theater am Südwestkorso). In Berlin muss sie in ihrem 93-Plätze-Haus mindestens 65 Prozent nachweisen. Im Hauptstadt-Dschungel von 60 Bühnen durchaus schwierig. Und im Gegensatz zu Hamburg, wo sich die Koexistenz der Staatstheater und der fast 40 privaten Bühnen alljährlich im September bei der Theaternacht zeigt, ist diese in Berlin nach Streit und mangelnder Resonanz eingestellt worden. In München und in Bremen hatte es jene Nacht nie gegeben.

Privattheatertage als Netzwerktreffen

Ebenso wenig in Bochum. Anne Rockenfeller und Hans Dreher vom Prinz Regent Theater erhalten aber von der Stadt und vom Land NRW Geld. Privattheatertage-Leiter und Multi-Intendant Schneider (Kammerspiele, Theater Haus im Park, Altonaer und Harburger Theater), ein Freund von Synergien, regte Kooperationen an. In Bochum gibt es laut Dreher „einen Pilot-Ballon“ mit einem Kölner Theater. Und wer weiß, was sich nach der finalen PTT-Gala tut: Dann können die Leiter aller zwölf geladenen Bühnen zusammenkommen. Schließlich haben sich die Privattheatertage auch als Netzwerktreffen etabliert.