Hamburg. Beim Konzert im Großen Saal konnte die Sopranistin Laura Aikin sich nur schwer gegen das Orchester durchsetzen.

Alban Bergs „Sieben frühe Lieder“ gehören zum Delikatesten, Erotischsten, was sich zwischen einer Sopranistin und einem spätromantisch besetzten Sinfonieorchester abspielen kann. Bergs Partitur ist so fein gewirkt und strukturiert wie ein kostbarer Orientteppich.

Das NDR Elbphilharmonie Orchester hätte die Lieder mit Hanna-Elisabeth Müller musizieren sollen, jener jungen Sängerin, die 2017 bei der Eröffnung der Elbphilharmonie als Einspringerin für Camilla Tilling gewagt und auf ganzer Linie gewonnen hatte. Dieses Mal war es Müller, die ausfiel. Für sie kam Laura Aikin, eine verdiente Kollegin mit allen Opernmeriten.

Trompeten setzten Recht des Lauteren durch

Gemäß den akustischen Erfahrungen mit Sängern im Großen Saal hatte der Dirigent Paavo Järvi die Solistin hinter dem Orchester platziert. Wo sie wirkte, als hätte man sie dort abgestellt und vergessen. Die Feinabstimmung wackelte gelegentlich, und dynamisch behauptete sich Aikin nur mit Mühe gegen das Tutti. Ihren Phrasierungen fehlten die ganz großen Bögen, die Textentwicklung war zäh und schwer verständlich, und an die Stelle des rauschhaft-verschwenderischen Strömens, das diese Musik so unwiderstehlich macht, trat redliche Verwaltung.

Allerdings beschlichen den Hörer in der zweiten Konzerthälfte leise Zweifel, ob Hanna-Elisabeth Müller besser zu hören gewesen wäre. Die Balance blieb auch bei Bruckners Zweiter, hier in der zweiten Fassung serviert, ein Problem. Oft genug setzten die Trompeten das Recht des Lauteren durch, selbst wenn sie nur als Rhythmusgruppe hätten fungieren sollen. Die Holzbläserabteilung hielt unbekümmert drauf, in den Bässen nuschelte es.

Paavo Järvis Konzept zu Bruckners Zweiter blieb unklar

Vor allem aber blieb unklar, was Paavo Järvis Konzept zu dem Stück war. Und das in Hamburg, wo sich bis heute jeder Bruckner-Exeget irgendwie zum Erbe des unvergessenen NDR-Chefdirigenten Günter Wand verhalten muss. Klar gab es Järvi-Momente wie Pianissimi, die vor Spannung fast zerrissen. Die Hörner sangen Choräle voll Schmelz, Flöte und Sologeige spielten bezaubernd Duett. Aber es blieben Versatzstücke.

So endete dieses Konzert einmal ohne Sibelius’ „Valse triste“, die Järvi notorisch als Zugabe zu dirigieren pflegt. Es hat sie wohl auch keiner vermisst.