Hamburg. Goldkehlchen Ana Quintans entfaltete in der Laeiszhalle ihr Können. Das Ensemble Concerto de’ Cavalieri klang wie ein Schulorchester.
Man nehme: eine geläufige Gurgel, eine Handvoll Streicher plus Tasteninstrument, dazu etwas für die Klangfarbe, Laute oder Fagott vielleicht, und mische Hochseil-Koloraturarien, Lamenti und Instrumentaleinlagen zu einem bekömmlichen Programm. Fertig ist die barocke Gala von der Art, mit der Sopranistinnen, Mezzosopranistinnen und Countertenöre ihr Publikum landauf, landab von den Sitzen reißen.
In der Laeiszhalle ist mit einem solchen Abend gerade das Festival „Lux aeterna“ zu Ende gegangen. Die portugiesische Sopranistin Ana Quintans, ein gefeiertes Goldkehlchen der Originalklangszene, und das römische Ensemble Concerto de’ Cavalieri baten zu einer klingenden Reise in das Venedig des frühen 18. Jahrhunderts mit Werken von Albinoni, Caldara, Galuppi und dem alles überstrahlenden Vivaldi. Ob die Arien aus Opern oder geistlichen Werken stammten, spielte bei diesem Repertoire keine entscheidende Rolle.
Die Sopranistin sorgte für ein wunderbares Klangbild
Virtuosität und Phrasierung waren bei Quintans’ vollem Timbre und ihrer überaus beweglichen Stimmführung bestens aufgehoben. In der Arie „In lagrime stemprato“ von Caldara führte Quintans mustergültig vor, wie vielfältig die Tongebung in der Alten Musik sein kann: Ein Ton schwoll an und ab, einer vibrierte dramatisch, während die Sängerin den nächsten schnurgerade zog. Jede Verbindung gestaltete sie anders, mit Schleifern oder Vorhalten. Und all das fügte sich zu einem organischen Klangbild, wie wenn Sonne, Schatten und Wind im Blattwerk spielen. Ein Genuss.
Nur dass Quintans erstaunlicherweise längst nicht allen Stücken ein solches Leben einhauchte. „Quel sembiante e quel bel volto“ von Albinoni sang sie untadelig geradeaus durch. Kein Innehalten, kein Spiel mit dem Metrum, dafür stemmte sie einige Töne von unten wie eine Popsängerin.
Dem Dirigenten Marcello di Lisa fiel ohnehin herzlich wenig ein zu der Musik. Orchestral zeichnete sich der Abend durch das Fehlen jeglicher Kontraste aus. Kein Wagnis, nirgends. Das wunderbare Concerto g-Moll, in dem Vivaldi ein nadelfeines Pingpong federn lässt, klang, als hätten die Geigen Seife unterm Bogen. Und der Konzertmeister spielte immer wieder dermaßen unsauber, dass es schlicht nach Schulorchester klang. Das ganze Ensemble, wohlgemerkt. Denn wenn nur einer danebenlangt, sind alle mit dran.