Hamburg. Der Chefdirigent der Symphoniker Hamburg erhielt die historische Leihgabe nach einem Konzert in der Laeiszhalle.

Seit Beginn der Saison ist Sylvain Cambreling Chef der Symphoniker Hamburg. Doch ihr spezielles Willkommensritual haben sich das Orchester und seine Freunde und Förderer bis jetzt aufgehoben. Nach dem jüngsten Konzert in der Laeiszhalle bekam der Dirigent beim anschließenden Empfang im Brahms-Foyer noch einen historischen Taktstock aus dem 18. Jahrhundert überreicht, der schon seine Vorgänger als Leihgabe begleitet hatte.

Eine schöne Geste, als Symbol für „Glück, Harmonie und Zusammenhalt“, wie der Beiratsvorsitzende Peter von Foerster in einem von drei nicht zu knappen Redebeiträgen betonte.

Vor der Übergabe dirigierte Cambreling Bruckners Siebte Sinfonie

Wie gut dieser Zusammenhalt der Symphoniker mit Cambreling bereits nach den ersten vier Monaten und sieben Konzerten funktioniert, durften die Besucher vorher in einem Programm erleben, das Bruckners Siebte Sinfonie ins Zentrum rückte. Wahrscheinlich hilft dieser Musik die Erfahrung eines erfüllten Dirigentenlebens. Jedenfalls entfaltete der 70-jährige Franzose die weiten Bögen des Stücks mit viel Ruhe und einer Gelassenheit, wie sie vielleicht erst ab einem gewissen Alter reift.

Der historische Taktstock, der Sylvain Cambreling übergeben wurde.
Der historische Taktstock, der Sylvain Cambreling übergeben wurde. © Friedrich Carl | Friedrich Carl

Aus dem Tremolo der Geigen schien das herrliche Anfangsthema wie von selbst empor zu wachsen und behutsam seinen eigenen Atem zu finden. Nichts wirkte „gemacht“, alles strömte organisch und weich, auch an den Höhepunkten. Mit starker Präsenz und Konzentration, aber ohne übertrieben große Gesten, navigierte Cambreling sein Orchester durch die Steigerungen, die zwar majestätisch und voluminös, aber nicht hart klangen.

Die eine oder andere Passage hätte noch leiser und geheimnisvoller sein können

Im zweiten Satz, einem feierlichen Adagio, das Bruckner mit der wunderbar warmen Farbe von vier so genannten Wagner-Tuben anreichert, hätte Cambreling die ein oder andere Passage noch leiser und geheimnisvoller modellieren dürfen, da wären ein breiteres dynamisches Spektrum und mehr Binnennuancen im Tempo denkbar gewesen. Doch auch dort fand der Dirigent mit seinem Orchester das richtige Timing für Bruckners mächtige Zeit-Räume, ohne auf der Stelle zu treten.

Nur im Scherzo – vom Komponisten ausdrücklich mit der Anweisung „sehr schnell“ überschrieben – sorgte der ruhige Grundpuls für einen allzu gemütlichen Groove, bevor die Aufführung am Ende wieder zu ihrer Sogkraft zurück fand. Im Finale einer starken Interpretation, die trotz minimaler technischer Wackler wie aus einem Guss geformt schien und zurecht ausgiebig bejubelt wurde.

Nach diesem erhabenen und klangmächtigen Erlebnis verblasste die Erinnerung an die erste Hälfte relativ schnell. Dort hatten die Symphoniker Mozarts frühe A-Dur-Sinfonie geschmeidig und elegant gespielt – aber doch nicht ganz den schlanken Ton und die funkelnde Transparenz erreicht, die man etwa von den Spezialensembles für das Repertoire gewohnt ist. Wer weiß, vielleicht bietet der Taktstock aus dem 18. Jahrhundert da in Zukunft ja noch eine kleine Zusatzinspiration für Cambreling.