Hamburg . Xavier Le Roy tanzt ein Soloprogramm in der Reihe „Fokus Tanz“ – und hat Probleme mit den Fäden, an dem seine Spielpuppen hängen.
Der französische Choreograf Xavier Le Roy ist jemand, der seine Arbeit mit Vorliebe auf der Bühne hinterfragt. Nun steht er da allein im dunklen Raum, soll den Abend „Untitled (2014)“ mit einer Lecture einleiten, doch die Amnesie hat jedes Wort getilgt. Das ist natürlich Absicht, Kunstgriff, Raffinesse. Ein Spiel mit den Erwartungshaltungen des Publikums. Le Roy lieferte damit eines von zwei Soli zum Thema „Boys Boys Boys“ beim Fokus Tanz auf Kampnagel.
Die Anti-Lecture mündet tatsächlich noch in einen zunächst realen Tanz. Drei Puppen fallen krachend auf den Bühnenboden. Verblüffend lebensecht sehen sie aus. Aufgemacht wie vermummte Soldaten. Mit einem von ihnen robbt und rollt der gleichfalls vermummte Xavier Le Roy in Zeitlupe über die Bühne. Bewegt unsichtbare Fäden, die die Puppe unheilvoll zum Leben erwecken und intime Bilder schaffen.
Auf Anti-Lecture folgt der unfreiwillige Anti-Tanz
Doch dann reißt einer der hauchdünnen Fäden, das Licht geht an und Le Roy erklärt die Performance für unfallbedingt beendet. Angesichts des ersten Teils möchte man glauben, dass das auch Absicht sei, ist es aber nicht. Auf die Anti-Lecture folgt also der – unfreiwillige – Anti-Tanz. Zum Nachdenken regt es allemal an.
Gedanken setzt auch der/die in Frankreich lebende iranische Choreograf/in Sourou Darabi in „Savusun“ in Bewegung. Darabi ist ein Transmensch, der auf berührende Weise allein mit einem umgeschnallten Kerzengürtel schiitische Rituale der Trauer durchtanzt.
Eigentlich sind sie männlich und roh, voller Schmerz, Gesang, Tanz und Selbstgeißelung. Doch Darabi macht daraus eine Parade der Zartheit, sogar der mehrdeutigen Sinnlichkeit. Wenn er mehrere Kerzen auf einmal in seinem Mund anzündet und das Wachs ihm über das Gesicht rinnt, schafft er intensive, gleichwohl versöhnliche Bilder, die Raum lassen für eine ganze Bandbreite an Emotionen.