Hamburg . Der Hamburger Sänger überzeugt in der Neufassung der Musik-Revue „Große Freiheit Nr. 7“ im St. Pauli Theater – auch darstellerisch.
Mit der Stimmung hat er kein Problem. Nun ist Stefan Gwildis per se kein Stimmungssänger, aber einer, der dank Reibeisenstimme als grau melierter Lausbub die Frauenherzen erobert. Seit gut 15 Jahren mit Soul-Klassikern auf Deutsch. Der Hamburger, genauer Barmbeker Jung’, nimmt das Publikum im St. Pauli Theater nun mit auf eine Reise ins alte St. Pauli, in die „Große Freiheit Nr. 7“.
In einer Neufassung der Musik-Revue, die im Frühjahr 2017 mit Volker Lechtenbrink Premiere hatte, ersetzt der schauspielernde Sänger Gwildis fortan den singenden Schauspieler Lechtenbrink als Johnny Kröger. Und das äußerst respektabel.
Gwildis begeht in Wallers Neufassung keinen Verrat an Hans Albers
Regisseur Ulrich Waller gewährt Hamburgs Soul-Bruder in seiner Bühnenadaption des Films von 1944 – dieses Wortspiel sei erlaubt – seine Freiheit, ohne im St. Pauli Theater den Film-Heros Hans Albers und dessen Rolle zu verraten. Nebenbei: Als Musical spielte „Große Freiheit Nr. 7“ Mitte der 80er-Jahre gleich nebenan im Operettenhaus – mit Freddy Quinn in der Hauptrolle.
Jedoch ist die Revue um einen alternden Seemann, der als Sänger im Vergnügungslokal Hippodrom arbeitet, seine wahre Liebe trifft und doch verliert, etwas derber und rauer angelegt. Eine Hommage ans alte Hamburg, speziell St. Pauli und an den Hafen, ist Wallers Neufassung geblieben, dank Gwildis jetzt mit etwas modernerer Note.
Gwildis’ früherer Straßenmusiker-Kumpel Rolf Claussen, ebenfalls neu verpflichtet, gibt in einer seiner kostümtechnisch üppigen Nebenrolle nicht nur den dummen Esel namens „Brexit“ im Hippodrom, sondern auch den Anheizer für Johnny Kröger: Zum Glück bleibt es nicht bei der mitklatschträchtigen Shanty-Herrlichkeit „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“.
Insbesondere die melancholischen Momente nimmt man ihm ab
Je weiter die Geschichte mit ihren Szenenwechseln fortschreitet und Johnny seine Zuneigung zur feschen Deern Gisa (von Victoria Fleer sehr fein gespielt und gesungen) entdeckt, desto mehr überzeugt Gwildis darstellerisch.
Insbesondere die melancholischen Momente nimmt man ihm und seiner Figur ab: Wie er etwa versonnen in die Ferne blickt, in der Zeile „La Paloma ohé – La Paloma ich geh“ das unglückliche Ende schon mal anstimmt. Und als zornigen älteren Mann, der am Tisch eine Ukulele zertrümmert, weil er auf den Verlobungsringen sitzen bleibt und sich in den Alkohol flüchtet, hat man Bühnen-Smartie Gwildis noch nicht gesehen. Die Schlägerei im Lokal – in Zeitlupe zelebriert – mit Gisas Verehrer Willi (Patrick Heyn) liegt da bereits hinter ihm.
Gwildis’ Soul-Hits fügen sich in die „Große Freiheit Nr. 7“
Auch Hippodrom-Chefin Anita (Anne Weber) kann Johnny letztlich weder trösten noch halten. Seine Braut ist die See. Das Schöne wie Kuriose: Gwildis bleibt „Mitten vorm Dock Nr. 10“ und genießt „Die Regennacht in Hamburg“ – seine Soul-Hits fügen sich ins Stück, ohne dass es zu große Brüche gibt.
„Große Freiheit Nr. 7“ bis 13.2., 19.30, So 18.00, St. Pauli Theater (S Reeperbahn),Spielbudenplatz 29, Karten ab 19,90 Euro: HA-Geschäftsstelle, Gr. Burstah 18, T. 30 30 98 98