Hamburg. Die schottische Sängerin wärmt im ausverkauften Stadtpark die Herzen der Fans – und macht einen früheren Hamburg-Auftritt vergessen.
Ach, ist das schön auf dem Grillstreifen neben der Stadtparkbühne beim Konzert von Amy Macdonald. Hunderte haben es sich dort gemütlich gemacht, sogar mit Kerzen dekorierte Tische aufgestellt, um der schottischen Sängerin und Songschreiberin zuzuhören und dabei halb auf der Decke, halb in der Hecke liegend rumzumachen. Im August 2013 war das. Ein kleiner Scherz auf Kosten der Begleitung, der am Montag beim Wiedersehen mit Amy Macdonald auf der erneut ausverkauften Stadtparkbühne nicht so gut ankommt. Auch nicht ein Zitat von Stefan Gwildis von einem seiner Auftritte in diesem hübschen Rund in Winterhude: „Nirgends ist der Himmel so schön grau wie über Hamburg.“ Dieses wunderschöne Grau!
Mcdonalds sonniger Charme wirkt
Natürlich haben sich auch am Montag einige Unentwegte im Igluzelt auf der „Schnorrerwiese“ eingefunden, allerdings sieht es dort wie auch auf dem Bühnengelände eher nach Eisfischen aus als nach Picknick. Das ist also die aktuelle Sommerkollektion von Jack Wolfskin, The North Face und Fjällräven. Dieses wunderschöne Nachtblau-Gelb! Knisternde Atmosphäre durch raschelnde Folienponchos. Amy Macdonald begleitet ihre fünfköpfige Band im Streifenblazer auf die Bühne.
Sie, 1987 im Glasgower Vorort Bishopbriggs geboren, fühlt sich offensichtlich heimisch bei 16 Grad und „wunderbarem Sommerregen“ (O-Ton Amy), weil ihr sonniger Charme dann noch strahlender wirkt. Nicht zu vergessen ihr Sinn für Humor. Mit „Under Stars“ beginnt Macdonald den Abend, wohl wissend, dass sie der einzige sichtbare Star der auf der Bühne ist. „Don’t Tell Me That It’s Over“ wird als zweites Lied präsentiert. Nein, es geht noch eine Weile.
Albtraum von 2010 ist vergessen
Sie passt gut hier her, ihre Mischung aus Songwriter-Folk, Radio-Pop und Country, ihre variable und wiedererkennbare Stimme, ihr lustiger Akzent und ihre Ausstrahlung lassen keine Langweile aufkommen, auch wenn das Tempo auch in flotteren Songs wie „Mr. Rock & Roll“ gemäßigt bleibt. Man darf als Zuschauer froh sein, dass ihre Karriere seit ihrem ersten Album „This Is The Life“ vor zehn Jahren auf einem hohen Niveau stagniert.
Zwar erreichten die Nachfolger „A Curious Thing“ (2010), „Life In A Beautiful Light“ und das im Februar dieses Jahres erschienene „Under Stars“ in Großbritannien wie auch in Deutschland vorderste Positionen in den Charts, aber sechs Millionen verkaufte Einheiten wie beim Erstling gehören im Streaming-Zeitalter ins Reich der Träume. „Dream On“, singt Amy Macdonald.
Vergessen ist der akustische Albtraum ihres Auftritts 2010 in der Arena im Volkspark, der die Zuschauer zu Hunderten aus der Halle trieb. Dach hin, Wetter her, 4000 Besucher im Stadtpark reichen ebenso wie die 90 Dezibel, die die Anzeige am Mischpult anzeigt.
„Slow It Down“ gibt ironischerweise noch mal etwas Gas, bevor bei dem obligatorischen Akustik-Set mit „4th Of July“ und „Leap Of Faith“ abgebremst wird. Warum gehören Lagerfeuer-Klampfen-Mittelteile eigentlich mittlerweile zum Popkonzert-Standard? Warum nicht mal ein Metal-Gitarren-Set?
Akustik-Set sorgt für Lagerfeuer-Atmosphäre
„This Is The Life“, der Titelsong des Debütalbums, ist so etwas wie Macdonalds Mottosong. Geschrieben hatte sie ihn vor vielen Jahren nach einem Konzert von Peter Doherty in Glasgow und anschließendem gemeinsamen Abhängen. Eine Hymne auf einzigartige Abende. Da geht durchaus der Blick durch die Reihen, um zu schauen, ob der „Poison Prince“ Doherty auch hier ist, er lebt ja seit einiger Zeit in der Hansestadt. Aber sie spricht nicht gern über ihn, und es ist auch noch nicht seine Uhrzeit. Wir können ihn jedenfalls nicht entdecken.
Irgendwo hinter den Wolken geht die Sonne unter, und die 4000 Besucher rücken noch ein Stückchen mehr zusammen. Schirmverbot. Goretex reibt sich an Texapore, Funktion schlägt Fashion. Man ist hier gemeinsam mit Amy Macdonald „Down By The Water“. Aber sie wirkt, als würde sie auf einem kalifornischen Festival in der Abendsonne spielen. Eine Schottin eben, große Patriotin, Rangers-Fan und immer mit Fußballern liiert. Die Schotten, zum Beispiel Runrig in zwei Wochen im Stadtpark, haben immer gute Gründe, um zu singen. „Let’s Start A Band“, Macdonalds Aufforderung zum Abschied, klingt wie eine Einladung. Vielleicht nächstes Mal, jetzt geht es nach Hause in „Hamburger Flip-Flops“: Gummistiefel. In wunderschönem Grün!