Von der Tücke des Lebens als Mittdreißiger: Der US-amerikanische Independent-Film „The Adults“ erzählt eine Geschwistergeschichte.
Sie singen und tanzen Musicalnummern im Garten. Wie früher. Sie imitieren Comicfiguren, schmeißen sich Filmzitate um die Ohren. Wie früher. Sie schwelgen in ihrem Elternhaus in Erinnerungen. Wie früher. Doch es ist nicht wie früher.
Die Geschwister Eric (Michael Cera), Rachel (Hannah Gross) und Maggie (Sophia Lillis) haben sich seit drei Jahren nicht mehr gesehen. Rachel wohnt seit dem Tod der Mutter im Elternhaus; die jüngste Schwester Maggie lebt in der Nähe in einer Wohngemeinschaft, leidet unter Panikattacken und betreibt digitale Entgiftung, indem sie auf das Handy verzichtet. Und Eric düst in der Weltgeschichte herum, weswegen er erst nach Jahren wieder in seine Heimatstadt und zu seinen Schwestern zurückkehrt. Aber es geht ihm gar nicht ums Wiedersehen.
„The Adults“ erzählt von der Schwierigkeit, erwachsen zu sein
Seine alten Pokerfreunde will er besuchen. Und da passt es, dass er nur ihretwegen seinen geplanten Kurztrip zweimal um jeweils einen Tag verlängert. Für ihn ist das Leben ein Spiel, das er immer gewinnen will. Jede Pokerrunde eine neue Herausforderung, alles mitnehmen, um dann alles zu verlieren. Hier stülpt der rothaarige Lockkopf sein Innerstes nach außen. Während er bei den Schwestern meist aufs Handy schaut.
Ist ja auch zu anstrengend, mit der zynischen Rachel zu streiten, die eine Trennung und den Tod der Mutter verarbeiten muss. Ist ja auch zu mühselig, die Annäherungen der lebensfrohen Maggie abzuwehren, die an ihrem Bruder klebt in ihrem haltlosen Leben und zwingend die Familie zusammenbringen will, obwohl sich alle drei nicht mehr viel zu sagen haben. Außer in den kleinen Fluchten, wenn sie sich in Musicalnummern und Stimmenimitationen flüchten. Weil sie da Kind sein können, unbeschwert und sorgenfrei, als man noch nicht die Tiefen der Ebene des Erwachsenseins durchschreiten musste.
„The Adults“: Es gibt viele Missverständnisse, Entschuldigungen, Ausflüchte
„The Adults“ von Dustin Guy Defa ist so etwas wie die Fortführung des „Coming of Age“-Films. Zahllose Filme beschäftigen sich unter diesem Begriff mit den Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens, des Entdeckens von Eigenständigkeit, Sex und schlechten Erfahrungen. „The Adults“ erzählt nun feinfühlig, intelligent und schwerelos, was passiert, wenn man diese Phase überstanden hat, so als Mittdreißiger.
Dann ist man eben wie Eric, der in der starken Eingangsszene Leben in ein steriles, braunes Hotelzimmer bringt. Mit Laptop, Alexa und Handy. Er könnte ja auch bei Rachel wohnen. Will er aber nicht. Will sich lieber mit Freunden verabreden. Klappt aber nicht, zeitlich, emotional, sprichwörtlich.
Drei einander Fremdgewordene kommen sich langsam wieder näher
Eric ist nur Gast in seinem eigenen Leben, und wir sehen, wie vor allem Maggie ihn zurückzuholen versucht, mit den alten Liedern und den Insider-Film-Jokes, die man als Zuschauer allesamt allerdings nur versteht, wenn man mindestens ein Proseminar über Filme und Serien der letzten Jahrzehnte von „König der Löwen“ bis „Sopranos“ besucht hat.
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Nichtsdestotrotz berühren diese Szenen, weil sich hier drei Fremdgewordene wieder näher kommen und klar machen, worum es im Dasein als Erwachsener geht: Um Imitation und das Leben als Rollenspiel, um das Verbindende des Spiels und das Herunterreißen der Masken, wenn das Spiel zu Ende ist. Dann wird der Blick frei für die wahren Dinge.
Klingt schwer, kommt in diesem starken Indie-Film aber federleicht daher, auch weil der Regisseur jeder Figur noch einen Hauch von Geheimnis lässt.
„The Adults“ 91 Minuten, ab 12 Jahren, läuft ab 8.6. u.a. im Abaton und Elbe