Hamburg. Wolf-Dietrich Sprenger inszeniert das Zweipersonenstück „Besuch bei Mr. Green“ mit dem 84-jährigen Peter Maertens in der Hauptrolle.

Der New Yorker Jeff Baron hat vor zehn Jahren das Zweipersonenstück „Besuch bei Mr. Green“ geschrieben, das inzwischen in 23 Sprachen übersetzt und in 46 Ländern aufgeführt worden ist. Ein Welterfolg. In den USA spielte Eli Wallach die Titelrolle, in Paris Michel Piccoli, in Wien Fritz Muliar. In Mr. Greens verstaubte Welt schneit der tüchtige junge Ross Gardiner. Ein bisschen zu schnell ist er mit seinem Auto durch New York gesaust und hätte beinahe Mr. Green angefahren, weshalb er jetzt sechs Monate lang bei dem alten Herrn wöchentlich zwei Sozialstunden abzuleisten hat. In Hamburg inszeniert das Stück nun Wolf-Dietrich Sprenger mit Peter Maertens, 84, als Mr. Green und dem jungen Sven Schelker als Ross. Peter Maertens spielt seit knapp 60 Jahren am Thalia Theater. Wolf-Dietrich Sprenger war von 1985 bis 1997 Schauspieler am Thalia. Seit 1981 führt er Regie. Ein Garderobengespräch mit Maertens und Sprenger.

Hamburger Abendblatt: Im Stück geht es um Alt und Jung, um Lernen und Vergessen, Diskriminierung und Vorurteile ...

Wolf-Dietrich Sprenger: ... Es geht um klassische Lebenslügen! Der alte Jude verdrängt, dass er eine Familie hat, der junge verdrängt sein Schwulsein. Im Laufe des Stückes kommen sich beide näher, die Lebenslüge wird beendet.

Peter Maertens: Der Konflikt besteht auch darin, dass der Alte ein orthodoxer Jude ist. Orthodoxe verstoßen Schwule. Aus diesen Konflikten entsteht auch eine Menge Humor. Ich habe das Stück gesehen und gelesen. Und wie Schauspieler so sind, habe ich auch eine sehr gute Rolle für mich darin gefunden. Ich kenne ja Wolf schon sehr lange. Ich habe ihn mir als Regisseur gewünscht.

Sprenger: Zuerst habe ich gedacht: Um Gottes willen, mit Maertens! Mit dem habe ich mich doch immer gestritten. (lacht) Das hat er wohl alles verdrängt. Ist auch eine Art von Lebenslüge. Aber seine Bitte hat mich doch sehr gerührt. Und wir haben einen grandiosen jungen Schauspieler dabei, Sven Schelker.

Welche Vorteile hat man als Schauspieler mit Jahrzehnten an Berufserfahrung?

Sprenger: Es ist ein absolutes Schauspieler-Stück. Als Schauspieler verstehe ich natürlich etwas von Schauspielern. Und ich würde mir wünschen, dass man bei dieser Inszenierung sieht, wie viel Potenzial noch in älteren Schauspielern steckt. Wir haben uns über die Maßen Mühe gegeben und sehr hart gearbeitet.

Maertens: Wenn ich den Text rechtzeitig lerne und kann, bin ich nicht stärker aufgeregt als ich es früher war.

Die Theater haben ja kaum noch Schauspieler im Ensemble, die älter als 50 sind. Oft hat das Kostengründe, denn Anfänger verdienen weniger. Gibt es jenseits der 80 noch aktive Theaterschauspieler?

Maertens: An den Staatstheatern nicht.

Früher hatte jedes Theater gestandene ältere Ensemblemitglieder.

Sprenger: Ich habe noch den 86-jährigen Robert Müller erlebt, der den ganzen „Faust“ auswendig gekonnt hat.

Herr Sprenger, Sie spielen kaum noch, ­inszenieren viel und schreiben.

Sprenger: Ja, ich gebe lieber Befehle als welche zu bekommen. (lacht) Ich habe als Schauspieler meinen Regisseuren viel widersprochen.

Herr Maertens, 1961 waren Sie das erste Mal am Thalia engagiert. Ist es schön, 60 Jahre lang auf der Bühne zu stehen?

Maertens: Das kommt auf die jeweilige Produktion an ...

„Besuch bei Mr Green“, Thalia Gaußstraße, Premiere 15.1. (ausverkauft), 21.1. (ausverkauft), ab 11.2., jeweils 20 Uhr, Karten 22 Euro: T. 32 81 44 44