Hamburg. In Florian Hanauers Buch sind die Leser nicht nur bei Abenteuern an Bord dabei. Sie erfahren viel über die maritime Geschichte im Norden.

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah: Regionale Reiseliteratur erfreut sich in Pandemiezeiten wachsender Beliebtheit und beflügelt jetzt auch passionierte Skipper, Leser auf Törns vor der Haustür per Lektüre mit ins Boot zu nehmen.

Dem aus Hamburg stammenden Journalisten und Segler Florian Hanauer ist mit seinem neuen Buch „Der Törn vom Haff ins Watt. Eine Segelreise von Berlin nach Bremen“ ein kleines Meisterwerk maritimer Regionalliteratur gelungen. Er spannt in anschaulicher Sprache einen spannungsreichen Bogen zwischen konkret Erlebtem und Wirtschafts-, Kultur- und Hafengeschichte. Das alles ergänzt Hanauer mit praktischen Tipps für alle jene, die diese Reise einmal selbst zurücklegen und in einem Hafen festmachen wollen.

Segeltörn vom Ostseehaff bis ins Wattenmeer – von Berlin nach Bremen

So startet Florian Hanauer also an einem heißen Sommertag mit seiner 7,60 Meter langen „Seestern“ im Berliner Wannsee. Das Ziel: die Weser und Bremen. Dorthin gelangt man nur, wenn man weder Schleusen, eintönige Etappen im Mittellandkanal mit „gigantischen Erdwällen und Feldern“ und die Nordsee mit dem Wattenmeer nicht scheut, wissend darum, dass es an Land, wie im niedersächsischen Bad Bodenteich, immer wieder ebenso erholsame wie charmante Übernachtungsmöglichkeiten samt Verpflegung beim „Italiener“ gibt.

Irgendwann passiert der schreibende Segler mit seiner Frau Birgit Hamburg. Er nimmt nun die ans und ins Wasser gebaute Metropole mit ganz anderen Augen wahr – beständig von der Wasserseite aus. Plötzlich fällt auf der Höhe des Musicaltheaters die Bordelektronik aus. „Die Anzeigen, auf denen eben noch Tiefe und Geschwindigkeit abzulesen waren, sind dunkel. Was ist los? Nur gut, dass der Diesel weiter brummt. Es ist ihm als ,Selbstzünder‘ wohl auch egal. Da bleibt nur eines: Ich biege nach Backbord in den Fährkanal ein, dicht vor dem Südportal des Alten Elbtunnels. Hier ist das Wasser erstaunlich ruhig, und ich kann in Ruhe schauen, was los ist.“

Seemannssprache lernen und in die Welt der Skipper eintauchen

Mit solchen Schilderungen taucht der mitreisende Leser in die Welt der Skipper ein, lernt die Seemannssprache und vor allem viele geschichtliche Details kennen. Die Übergänge von ganz persönlichen Erzählungen, die von inniger Liebe zum Segelsport künden, bis zu den großen historischen Linien gelingen dem Autor professionell, etwa im Abschnitt über die Stralsunder St. Marienkirche.

Oder den Hamburger Hafen. Dessen ganze Geschichte dreht sich bekanntlich um die Segelschiffe. Der älteste Segelverein in Deutschland, den es heute noch gibt, ist der „Segelclub Rhe“, der schon 1855 in Königsberg entstand und heute seinen Sitz in Hamburg hat.

Ein Segeltörn vom Ostseehaff bis ins Wattenmeer – der nächste Titel steht schon fest

Mit der Gründung des Deutschen Segler Verbandes (DSV) im Jahr 1888 schwappte die Begeisterung für das Yachtsegeln endgültig von England und den USA nach Deutschland über, auch auf die Elbe. Gibt es nun ein typisches Boot für die Elbe?, fragt Autor Hanauer. „Ja, natürlich. Da ist etwa die ,Elb-H-Jolle‘ ein echter Klassiker, der vor über 70 Jahren kon­struiert worden ist und sich mit ihren Maßen perfekt für den Fluss eignen soll.“

Das Buch schildert eine spannende Reise, die in weitere norddeutsche Städte und Gemeinden führt: Der Autor berichtet von Berlin-Kreuzberg, Stettin, Warnemünde, Lübeck, Bremerhaven, Oldenburg und den Ostfriesischen Inseln im Wattenmeer. All das macht neugierig auf weitere Veröffentlichungen von Florian Hanauer im Genre der maritimen Reiseliteratur. Der nächste Titel steht bereits fest: „Vom Öresund zum Oslofjord: Eine literarische Nordlandfahrt unter Segeln“. Und das ist dann mehr als „nur“ Heimatliteratur.

Florian Hanauer: „Der Törn vom Haff ins Watt: Eine Segelreise von Berlin nach Bremen“, Edition Svanen, Hamburg 2022, 13,95 Euro.