Hamburg. Unterhaltsame Lektüre: In „If You Believe“ erzählt der Hamburger Pop-Entertainer Sasha Stationen seiner Karriere nach.

Als Sasha Röntgen-Schmitz (49) vor 25 Jahren mal wieder musikalisch nicht weiterkam und seine Band sich auflöste, sagte eine Stimme in seinem Kopf: „Du verschenkst hier doch nur Zeit“, lieber sollte er sich an der Universität einschreiben und Lehrer werden. So erzählte es der Hamburger Sänger und Entertainer dem Abendblatt vor drei Jahren, als sein erstes deutschsprachiges Album „Schlüsselkind“ herauskam. Aber: „Das Singen an sich hätte ich nicht aufgegeben, ich wäre auch mit einer Coverband über Schützenfeste getingelt und hätte mich dann mit 40 bei ,The Voice of Germany‘ beworben.“

Die Popgeschichte, so viel ist natürlich bekannt, wollte es anders mit dem in Soest (NRW) geborenen Musiker. Talent ist das eine, aber erst richtige Entscheidungen, Zufälle und Bekanntschaften machen aus einem Talent einen Star. Wobei Sasha zu seinem Glück hartnäckig überredet werden musste, wie er in seiner jetzt erschienenen Autobiografie „If You Believe“ erzählt. „If You Believe“ hieß auch sein erster und auch größter Hit, der 1998 seinen Durchbruch markierte. Eine etwas klebrige Nummer, mit der nicht von ungefähr in Italien zehn Jahre lang eine Nuss-Nougat-Creme beworben wurde.

Mit seinem größten Hit haderte Sasha bei den Aufnahmen

„Um mal die Karten auf den Tisch zu packen: Mein großer Favorit war ‚If You Believe‘ am Anfang nicht“, gibt Sasha in seinem Buch zu. Als ihm das Lied 1998 bei den Aufnahmen zum Debütalbum „Dedicated To …“ von seinen Produzenten vorgelegt wurde, dachte er an einen Scherz: „Das war die schmierigste und seltsamste Nummer, die mir jemals untergekommen war.“ Als Kompromiss sang Sasha, damit das Team Ruhe gibt, den Song schnell in einem Take ein.

Eine witzige Anekdote, wobei Sasha gern dabei Céline Dions „My Heart Will Go On“ hätte erwähnen können. Auch die Dion fand den Song für den „Titanic“-Soundtrack 1997 absolut zum Speien, brachte das Ganze in einem Versuch hinter sich - und feierte ihren größten Erfolg. Allerdings ist Sasha keine Diva und hat sein erst nur angewidert eingesungenes Lied längst ins Herz geschlossen. Aber vielleicht ist er auch einfach nur zu lieb.

Als Dick Brave eifert er seinem Vorbild Elvis nach

Auf kompakten 272 Seiten und in der selber eingesprochenen, sieben Stunden langen Hörbuch-Edition erzählt Sasha nicht chronologisch, sondern in Themenblöcken („Auf der Reise“, „A-Seite“, „Gute Schule“) von Jugendbegegnungen, der Melancholie auf Konzertreisen, was ihm an Journalisten nervt, mit wem er gern Songs zusammen schreibt und was sonst noch über das Leben als Künstler so an- und auffällt.

Einiges ist selbsterklärend, zum Beispiel die Leidenschaft für sein Vorbild Elvis Presley, dem er 2001 und 2003 mit der Kunstfigur Dick Brave nacheiferte – und so sein einziges Nummer-eins-Album („Dick This!“, 2003) feiern durfte. Oder dass er die Grunge-Einflüsse aus seiner Jugend 2006 in der Platte „Open Water“ verarbeitete. Dazu kommen Wunderkind-Geschichten wie Sashas erste Heimorgeleinlagen beim sonntäglichen Bratenmampf bei den Großeltern: „Ich weiß nur, dass von dem vermeintlichen Wunderkind heute nichts mehr übrig ist“, relativiert er die alten Familienlegenden.

Das ist alles ganz charmant, aber anders als in den Liedern auf „Open Water“ oder „Dick This!“ fehlt über die Länge der Zeit in Sashas Lebensgeschichten doch ein wenig der Rock’n’Roll. Klar, Herr Röntgen-Schmitz, geborener Schmitz, ist ein freundlicher deutscher Popsänger und nicht Ozzy Osbourne oder Mötley Crüe mit ihren so herrlichen wie saftig-ekligen Skandalnudelgeschichten – und schlimmen Abstürzen und menschlichen Abgründen. Bei Sasha geht es nach den ersten drei Dosenbieren an einem Lagerfeuer und einem beachtlichen Teenager-Kater nicht besonders brisant weiter. „Feiern ist ein Lernprozess. Ich bin in der Genussmenschphase angekommen.“

Im November 2022 geht es in die Laieszhalle

Sehr solide ist das alles. Das Kennenlernen seiner Frau, wie sie sich ärgerten, dass alle Freundinnen und Freunde Kinder kriegten und nicht mehr ausgingen. Und wie sie dann auch Eltern wurden, was mit einem reisenden Sänger als Vater zwar eine Herausforderung war, aber er ist ja nicht der erste.

Gerade für Klatschblätter hat „If You Believe“ sicher noch einige verwertbare Details zu bieten, und für Fans einen ausführlichen Lebenslauf. Aber noch unterhaltsamer ist Sasha dann doch auf der Bühne. Nach mehreren Verschiebungen kommt er am 10. November 2022 mit seiner von Thomas Hermanns inszenierten Show „This Is My Time” in die Laieszhalle. Wir müssen nur fest daran glauben.

  • Sasha: „This Is My Time – Die Show“ Do 10.11.2022, Laieszhalle, Karten ab 49,90 im Vorverkauf; www.sasha.de