In Tine Wittlers fünftem Roman hat Langeweile keine Chance. In “Wir wär'n dann soweit“ serviert sie leichte Kost aus Hamburgs szenigem Stadtteil Ottensen.

Hamburg. Es ist ja nicht so, dass Tine Wittler sonst nichts zu tun hätte. Schließlich hat die Hamburgerin unter anderem eine eigene Kneipe und eine eigene Fernsehsendung. Trotzdem schafft sie es, auch noch zu schreiben. Ihr fünfter Roman mit dem Titel „Wir wär’n dann so weit“ ist gerade erschienen, eine Fortsetzung der Geschichte um Marnie Hilchenbach und Mona Rittner, die im Vorgängerband noch Konkurrentinnen waren und gerade beschlossen hatten, gemeinsame Sache zu machen.

Auch diesmal spielt Tine Wittler ihre Stärken hemmungslos aus: Sie hat ein Händchen für Dramaturgie und erzählt dermaßen rasant drauflos, dass Langeweile keine Chance hat. Wittlers Geschichten aus Hamburgs sympathisch-szenigem Stadtteil Ottensen stehen nicht im Verdacht, zu den Geheimtipps der Nobelpreisjury zu gehören. Sie sind, vergleichbar mit Ildikó von Kürthys Dauer-Bestsellern, eher leichte Kost als schwer verdaulich, aber mit Raffinesse angerichtet und serviert. Das gilt für „Wir wär’n dann so weit“ umso mehr.

Der neue Roman mischt in bewährter Weise autobiografische Elemente und fantasievolle Fiktion: Wie Tine Wittler ist auch Mona Moderatorin einer Sendung im Privatfernsehen, gleichzeitig führt sie mit Marnie die Geschäfte ihrer Kneipe „Parallelwelt“. Im Roman läuft beides gerade ziemlich mies: Die Quoten sinken, der Sender TV3 droht, Mona gegen ein leichtgängieres Fernsehgesicht auszutauschen. Aus dem Kneipentresen ist ein Stein-Stück geklaut worden, das die Umrisse von Elvis Presley zeigt und bisher als Glücksbringer galt. Seit Elvis weg ist, wollen auch die Gäste nicht mehr kommen. Schon das klingt nach zahllosen Verwicklungen. Aber Tine Wittler legt noch einen drauf: Sie lässt einen schmierigen Boulevardjournalisten Intrigen spinnen, zettelt einen Dauerstreit zwischen Marnie und Mona an und bringt TV3 auf die Idee, eine Dschungelcamp-Variante auf dem Bauernhof mit dem Titel „Land und Lust“ zu erfinden. Mona muss dort mitspielen, genau wie Jacqueline Schnieder, die Frau, die ihre Sendung bekommen soll, falls Mona in der Zuschauergunst nicht besser abschneidet.

Der Plot klingt ziemlich überdreht, aber Tine Wittler erzählt die Geschichte so unterhaltsam und gekonnt, dass man das Buch oft gar nicht mehr weglegen mag. Ein Unterhaltungstalent ist Tine Wittler auf jeden Fall. Was sie mit Ildiko von Kürthy gemeinsam hat, sind nicht nur Themen wie die große Liebe und die Alltagsprobleme von Frauen über 30, sondern auch die Neigung zum Happy End. Aber Tine Wittler erzählt auf dem Weg dahin so locker, wie von Kürthy es erst nach ein paar Pils in Monas „Parallelwelt“ hinbekäme.

Tine Wittler: Wir wär’n dann so weit" Scherz Verlag, 345 S., 14,95 Euro