Hamburg. Mal ziemlich finster, mal luftig-leicht. Zwei neue Kriminalromane, die sich lohnen und zeigen: Menschliche Abgründe gibt es überall.

Als Kommissarin Frida Paulsen kurz nach der Beerdigung eines alten Schulfreundes einen Anruf des Totengräbers erhält, glaubt sie, sich zu verhören: Das Grab sei von Unbekannten geöffnet worden. Im Sarg, so stellt sich heraus, liegt auf dem Leichnam ein totes Mädchen. Das ist etwa 16 Jahre alt, trägt altmodische Kleidung, den Kopf bedeckt ein dunkles Tuch. Frida Paulsen ist schockiert. Wer macht so etwas?

Neue Krimis: Was verbirgt das seltsame Einsiedler-Paar?

Die in der Elbmarsch lebende Autorin Romy Fölck hat in „Düstergrab“ (Lübbe, 398 Seiten, 22 Euro) ein vielschichtiges Szenario entwickelt. Denn Paulsen bekommt ein weiteres Problem: Auf ihren Kollegen Bootz wird ein Anschlag verübt, den dieser nur mit viel Glück überlebt. Geht es um eine alte Drogengeschichte? Ist es ein Racheakt? Im Fall des Mädchens stellt sich schnell heraus, dass sie eine von zwei vor vier Jahren aus ihrer Pflegefamilie spurlos verschwundenen Schwestern ist. Groß angelegte polizeiliche Suchaktionen blieben damals ergebnislos. Doch wo haben sich die Schwestern in dieser langen Zeit aufgehalten? Und lebt die andere Schwester überhaupt noch?

Die Spur führt die Ermittler zu einem Ehepaar, das sich auf einem großen Anwesen von der Umwelt nahezu völlig abgeschottet hat. Frida Paulsen und ihr ehemaliger Kollege Haverkorn tauchen in eine andere Lebenswelt ein. Geschickt führt Romy Fölck ihre Leserinnen und Leser von einer Sackgasse in die nächste, baut unerwartete Wendungen ein, bis sich schließlich in diesem Netz an möglichen Lösungsansätzen doch noch der zum Ziel führende rote Faden zeigt.

Bei Vollmond drehen im kleinen Toskana-Städtchen alle durch

So ganz anders, nämlich sommerlich leicht, ist der Kriminalroman „Commissario Luca – Toskanische Sünden“ (Hoffmann und Campe, 236 Seiten, 18 Euro) von Paolo Riva. Allein der Untertitel „Bella-Italia-Krimi“ gibt die literarische Richtung vor, und ob der Autor tatsächlich so wohlklingend heißt wie auf dem Titel annonciert, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls ist es der zweite Fall für den Commissario, der in einem verschlafenen toskanischen Städtchen gemächlich seinem Job nachgeht – und sich plötzlich einem Phänomen gegenübersieht: Alle zehn Jahre scheint nämlich dort der Vollmond derart hell, dass die Bewohner des Ortes für einen Tag bar jeder Vernunft sind, es wird gestritten ohne Ende und ohne Grund. In diesem Jahr sogar mit tödlichem Ausgang.

Nach einer Prügelei zwischen zwei Markthändlern, kommt der eine kurz darauf bei einem Unfall fast zu Tode, wenig später liegt eine männliche Leiche am Ufer des Arno. Commissario Luca, der sich einst aus Venedig in die Provinz versetzen ließ, schaut hinter die dörfliche Idylle und blickt in menschliche Abgründe. Nicht immer ist halt der Vollmond an allem schuld. Klassische Liegestuhllektüre.