Hamburg. Von List über Rendsburg bis nach Bremen – mit dem Deutschland-Ticket lassen sich jede Menge Museen und Ausstellungshäuser ansteuern.

Den Turm in der Eifel suchen? In Baden-Baden mal duschen? Und in Wolfsburg ein Schafsfell tragen? Die Werbung fürs Deutschland-Ticket ist Geschmackssache. Aber dass das öffentliche Quer-durchs-Land-Reisen gut fürs Klima ist, ist unbestritten. Und auch für die Kunst zahlt es sich aus: Denn mit den regionalen Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn kann man Museen und Ausstellungshäuser in ganz Norddeutschland bequem an einem Tag erreichen.

In diesem Kunstsommer gibt es jede Menge spannende Ausstellungen zu entdecken: Die Kunsthalle Bremen etwa lässt in „Generation*“ die Jugend zu Wort kommen, die Kunsthalle Emden zeigt ausschließlich Selbstporträts von Künstlerinnen, der Cuxhavener Kunstverein präsentiert „Bilder der Nacht“ des jungen wilden Leipzigers Söntke Campen. In Eutin und Schwerin kann man auf Schlösser-Tour gehen und dabei jeweils erleben, wie traditionelle auf zeitgenössische Kunst trifft.

Manchmal bleibt auch noch etwas Zeit, um sich die schöne Umgebung bei einem Spaziergang anzuschauen oder in einem Café einzukehren. Eine natürlich rein subjektive und nicht-vollständige Übersicht von zehn lohnenden Kunstausflügen für die kommenden Wochen.

Wilde Malerei aus Leipzig im Cuxhavener Kunstverein

„Bilder der Nacht“ hat der Maler Söntke Campen seine Ausstellung betitelt. Zu sehen sind die für den jungen Leipziger so typischen farb- und formatgewaltigen, fantastischen Bilder, mit denen er auch in Hamburg schon ein paar Mal für Aufsehen sorgte und das Stipendium der Eduard Bargheer Stiftung gewann. Thematisiert wird der Traum als „das unbekannte Flimmern der Unschärfe unseres Seins“. Campen hat für die Ausstellung mit einer Klanginstallation, Gedichten und Soundmix anderer Kreativer gearbeitet. Der Kunstverein liegt unweit des Elbhafens mit vielen kleinen Lokalen.

„Bilder der Nacht“ von Söntke Campen im Cuxhavener Kunstverein.
„Bilder der Nacht“ von Söntke Campen im Cuxhavener Kunstverein. © Söntke Campen | Söntke Campen

„Bilder der Nacht“, bis 30.7., Cuxhavener Kunstverein, Segelckestraße 25, 27472 Cuxhaven, Fr 16.00–18.00, Sa/So 11.00–13.00, Eintritt frei, www.cuxhavener-kunstverein.de. Anfahrt: S31 von Hauptbahnhof nach Harburg, weiter mit RE nach Cuxhaven Bahnhof, von dort ca. 15 Minuten Fußweg oder per Bus

„Guter Stoff“ im Europäischen Hanse Museum Lübeck

In den altehrwürdigen Gemäuern des einstigen Maria Magdalenen Klosters in der nördlichen Lübecker Altstadt ist seit ein paar Jahren das moderne Europäische Hansemuseum zu Hause. In der Dauerausstellung wird die Geschichte der Hanse erzählt, in der aktuellen Sonderausstellung „Guter Stoff“ geht es um „Textile Welten von der Hanse bis heute“. Gezeigt wird, inwiefern Menschen durch Stoffe über die Jahrhunderte hinweg, also nachhaltig, miteinander verbunden sind. Es werden regelmäßig Familienführungen angeboten, in den Ferien gibt es Workshops für Kinder und Jugendliche. Wer mag, startet danach einen Rundgang durch die wunderschöne Altstadt direkt von der Trave aus.

„Guter Stoff“ bis 29.10., Europäisches Hansemuseum Lübeck, An der Untertrave 1, 23552 Lübeck, täglich 10.00–18.00, Kombiticket 20,-/14,- (erm.), www.hansemuseum.eu. Anfahrt: A Hbf mit dem RE nach Lübeck Hauptbahnhof, von dort ca. 20 Min. Fußweg oder per Bus

In der Kunsthalle Bremen trotzt die Jugend der Krise

Woran glauben Jugendliche heute, durch was wird ihr Denken und Fühlen bestimmt, was erhoffen sie sich vom Leben? Um jungen Menschen eine Stimme im Museum zu geben, hat die Kunsthalle Bremen das Jugendkuratorium „New Perceptions“ etabliert. Dessen erste Ausstellung lautet „Generation*. Jugend trotz(t) Krise“. Darin treten etablierte und neuere Positionen, Malerei und Social Media Feeds in einen spannungsreichen Austausch, der sich thematisch zwischen Make-up-Tutorials und Live-Kriegsbildern bewegt, unter anderem mit Werken von Edvard Munch, Wolfgang Tillmans und Anna Witt.

Ahmet Ögüt, „United“, 2016/17. Die Animation ist Teil der Ausstellung „Generation*“ in der Kunsthalle Bremen.
Ahmet Ögüt, „United“, 2016/17. Die Animation ist Teil der Ausstellung „Generation*“ in der Kunsthalle Bremen. © Courtesy by Ahmet Öğüt | Courtesy by Ahmet Öğüt

„Generation*. Jugend trotz(t) Krise“ bis 10.9., Kunsthalle Bremen, Am Wall 207, 28195 Bremen, Di 10.00–21.00, Mi–So 10.00–17.00, Eintritt 10,-/5,- (erm.), www.kunsthalle-bremen.de. Anfahrt: Ab Hbf mit dem ME RE nach Bremen Hauptbahnhof, von dort ca. 10 Min. Fußweg oder per Straßenbahn

Wie Künstlerinnen sich selbst sehen – in der Kunsthalle Emden

„Hier bin ich“ lautet selbstbewusst die aktuelle Schau im westlichsten Ausstellungshaus dieser Übersicht. Hier treffen sich Künstlerinnen wie Marina Abramović, Käthe Kollwitz, Maria Lassnig, Anita Rée, Cindy Sherman und Katharina Sieverding von Angesicht zu Angesicht – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn zu sehen sind über 30 Selbstporträts ausschließlich von Frauen. Diese sagen viel aus über Rollen(erwartungen), Identitätsfindung und Selbstinszenierung. Parallel dazu werden Highlights der Klassischen Moderne aus der Sammlung präsentiert. Im Café Henri’s, das ebenso wie das Museum idyllisch am Emder Stadtgraben liegt, reicht das regional geprägte Angebot vom Bildhauer-Frühstück bis zur Ostfriesischen Teezeremonie.

„Hier bin ich. Künstlerinnenselbstporträt“ bis 3.9., Kunsthalle Emden, Hinter dem Rahmen 13, 26721 Emden, Di–Fr 10.00–17.00, Sa/So 11.00–17.00, Eintritt 10,-/7,- (erm.), www.kunsthalle-emden.de. Anfahrt: Von Hbf mit dem RE über Bremen nach Emden Hauptbahnhof, von dort ca. sieben Min. Fußweg

„Symptom: Barock“ im Schloss Eutin, danach ins Freibad

Schon von Weitem ist die Pracht des barocken Schlosses Eutin zu bestaunen. Drinnen erleben Besucherinnen und Besucher in diesem Sommer eine Überraschung: Inmitten des Überschwangs von historischen Möbeln und Porträts haben die vier jungen Künstlerinnen Margret Eicher, Simone Demandt, Rebecca Stevenson und Myriam Thyesund eine Intervention gestartet, indem sie eigene aktuelle Arbeiten gegenüberstellen. Zusammen ergibt sich die Ausstellung „Symptom: Barock“, in der die alte Kunst in unserer Welt ankommt und die neue Kunst beflügelt wird durch überlieferte, zeitlose Themen und Techniken. Zur Erfrischung bietet sich das historische Freibad im benachbarten Großen Eutiner See an, der nur fünf Gehminuten entfernt liegt – auch dies eine Reise in die Zeit, als Damen und Herren sich noch hübsch voneinander getrennt umkleideten.

Westansicht des Eutiner Schlosses. Drinnen wird die Ausstellung „Symptom: Barock
Westansicht des Eutiner Schlosses. Drinnen wird die Ausstellung „Symptom: Barock"gezeigt. © Stiftung Schloss Eutin, Foto: Ralf Buscher | Stiftung Schloss Eutin, Foto: Ralf Buscher

„Symptom Barock“ bis 8.10. Eutiner Schloss, Schlossplatz 5, 23701 Eutin, täglich 10.00–18.00, Eintritt 10,-/6,-, www.schloss-eutin.de. Anfahrt: Von Hbf mit dem RE über Lübeck nach Eutin Bahnhof. Von dort ca. fünf Minuten Fußweg oder per Bus

Einen ganzen Tag lang schlendern auf Schloss Gottorf

Gleich zwei sehr sehenswerte Ausstellungen erwarten das Publikum auf der Museumsinsel von Schloss Gottorf: Zum einen „Christo und Jeanne Claude: Paris. New York. Grenzenlos“ (bis 3. 9.), zum anderen die Retrospektive „Samuel Fosso“ (bis 29. 10.). Der bedeutende afrikanische Fotograf, Jahrgang 1962, zeichnet sich durch theatralische Studiofotografie mit aufwendigen Make-ups und Kostümen aus, mit der er seine Selbstporträts in verschiedenen Rollen inszeniert. Dabei verknüpft er in verschiedenen Serien autobiografische Themen und Selbstkonzeptionen mit politischen und historischen Perspektiven. Man kann einen ganzen Tag lang auf dem herrlichen Gelände spazieren und von einer zur nächsten Ausstellung springen. Gestärkt wird sich in einer der Museumslokale oder beim Picknick auf dem Rasen.

Schloss Gottorf, Schlossinsel 1, 24837 Schleswig, Di-Fr 10.00–17.00, Sa/So 10.00–18.00, Kombiticket für Museumsinsel und Sonderausstellungen 15,-/12,- (erm.), www.museum-fuer-kunst-und-kulturgeschichte.de. Anfahrt: von Dammtor Bahnhof mit dem RE nach Schleswig Bahnhof, von dort ca. 15 Min. Fußweg oder per Bus

Das Staatliche Museum zu Gast im Schweriner Schloss

Was tut man, wenn ein großes Museum modernisiert wird, aber trotzdem eine opulente Ausstellung präsentieren will? Man zieht einfach ins Schloss um. So geschehen in Schwerin. „Glanzstücke im Dialog“ präsentiert berühmte Gemälde aus der weltweit renommierten Sammlung niederländischer und flämischer Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts sowie erlesene Objekte aus den reichen Schätzen des Kunsthandwerks und des Münzkabinetts aus dem Staatlichen Museum. Es werden die existenziellen Themen Glück, Religiosität, Alltag, weltumspannender Handel und Natur dargestellt. Nach dem Ausstellungsbesuch lustwandelt man einfach weiter durch die prunkvolle Gartenanlage.

Ausstellung „Glanzstücke im Dialog“ im Schweriner Schloss.
Ausstellung „Glanzstücke im Dialog“ im Schweriner Schloss. © DOMUSimages – Alexander Rudolph | Alexander Rudolph

„Glanzstücke im Dialog“ bis 7.1.2024, Schlossmuseum des Schweriner Schlosses, Linnéstraße 1, 19053 Schwerin, Di–So 10.00–18.00, Eintritt 8,50/6,50 (erm.), www.museum-schwerin.de. Anfahrt: Von Hbf mit dem RE nach Schwerin Hauptbahnhof, von dort ca. 20 Min. Fußweg oder per Bus

Sylt Art Fair in List mit Gerhard Richter und Jeff Koons

Zum vierten Mal trifft sich die Kunstwelt auf Sylt zur Art Fair in der Neuen Bootshalle in List. Auf einer Fläche von 600 Quadratmetern präsentieren Geuer & Geuer Art GmbH und Artstar Verlag einen prominenten Mix aus zeitgenössischer Kunst, Street Art und Pop-Art von Künstlern wie Gerhard Richter, Julian Schnabel, David LaChapelle, Damien Hirst und Jeff Koons – und das alles in direkter Nähe zum Strand. Kunstnacht, Künstlergespräche sowie Meet&Greet runden die Veranstaltung ab.

Sylt Art Fair bis 9.9. Neue Bootshalle List, Am Hafen 5, 25992 List auf Sylt, täglich 12.00 – 19.00, Eintritt frei, www.syltartfair.de. Anfahrt: von Bhf Altona mit dem RE bis Westerland Bahnhof, von dort weiter per Bus

Große Kunstschau neben dem Golfplatz: Woods Art Institute

Nur einen Katzensprung von Hamburg entfernt liegt das wunderschöne und weitläufige Parkareal in Wentorf von Rik Reinking. Im WAI Woods Art Institute zeigt er in wechselnden Ausstellungen Werke aus seiner renommierten Sammlung, momentan „Homo Ludens“, eine Geschichte der postmodernen und zeitgenössischen Kunst aus dem Geist des Spiels heraus.

Bis Januar 2024, WAI Woods Art Institute, Golfstraße 5, 21465 Wentorf, Besuch nur im Rahmen einer Führung, Tickets zu 18,- über www.woodsartinstitute.com. Anfahrt: von Hbf mit der S21 bis Reinbek, von dort ca. 15 Minuten Fußweg

NordArt, der Vergnügungspark mit Kunstgenuss drinnen und draußen

Es ist alljährlich DIE Kunstattraktion in Norddeutschland: Die NordArt ist eine der größten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst in Europa – und dazu noch ein bisschen Vergnügungspark für Kinder und Jugendliche. Die können sich nämlich ziemlich frei bewegen zwischen gigantisch großen Objekten in der einstigen Eisengießerei und im riesigen Skulpturenpark (Picknicken ist auf den Wiesen allerdings nicht erlaubt). Der traditionelle Schwerpunkt auf Kunst aus China ist in diesem Jahr erweitert um den türkischen Pavillon. Wer danach noch Energie hat, besucht das neu gestaltete Jüdische Museum im nahe gelegenen Rendsburg.

NordArt bis 8.10., Kunstwerk Carlshütte, Vorwerksallee, 24782 Büdelsdorf, Di–So 11.00–19.00, Tageskarte Di–Fr 18,50 Euro/16,- (erm.), Sa/So 21,-/18,- (erm.), www.nordart.de. Anfahrt: von Bhf. Dammtor mit dem RE nach Rendsburg Bahnhof, weiter per Bus nach Büdesldorf/Carlshütte