Hamburg. Am Überseeboulevard zeigen Anna Schellberg und Patrizia Casagranda Porträts von Kate Moss, Frida Kahlo und Frauen von der Straße.
Ein großer roter Teppich liegt am Eingang des Überseeboulevards 5. Und erst einmal hereinspaziert, wird es noch viel bunter: Auf 250 Quadratmeter Fläche stellen die Künstlerinnen Patrizia Casagranda und Anna Schellberg, zwei der bekanntesten Urban-Art-Künstlerinnen Deutschlands, 50 ihrer Werke aus. „Because We Can“ heißt ihre Ausstellung in der Hamburger HafenCity.
„Es geht um Frauen, die sich neu erfinden. Die sagen: Jetzt bin ich dran“, so Anna Schellberg. Die Hamburger Künstlerin hat schon mehrere Einzelausstellungen bespielt. Im vergangenen Jahr stellte sie ihre Arbeiten bei einigen großen Kunstmessen aus, etwa der Art Karlsruhe, den beiden Discovery Art Fairs in Köln und Frankfurt am Main sowie der Art Source in Irland.
Ausstellung in Hamburg: Statt Pinsel benutzt Schellberg alte Kredit- oder Hotelkarten
Ihre Bilder zeigen Powerfrauen mit viel Farbe und starkem Ausdruck. „Ich rede mit ihnen. Weil ich mit den Augen anfange, kann ich sofort in den Dialog mit ihnen treten. Mit manchen kämpfe ich auch richtig. Das kann auch heißen: Farbe komplett wieder runter und neu anfangen.“ Statt Pinsel benutzt sie alte Kredit- oder Hotelkarten, um die Acrylfarben aufzutragen. „Meine Porträts zeigen mutige Frauen, sie haben aber auch immer eine gewisse Traurigkeit in den Augen.“
Die Hamburger Künstlerin hat ein Faible für volle Lippen und malt diese daher gerne besonders groß und prominent. Rot, Pink, Grün, Gold – bei so viel Farbe ist jedes Werk ein Hingucker. Wenn ihr ein Gesicht gefällt, bleibt sie auf der Straße stehen und fragt, ob sie ein Foto von der Person machen darf.
Collagen aus recyceltem Müll formen aus der Ferne betrachtet Porträts
Auch hinter der detailfreudigen Kunst von Patrizia Casagranda steckt das Interesse für Gesichter und ihre Geschichten, gepaart mit Feminismus. Sie malt auf recyceltem Material, das daher auch einige Unebenheiten, mitunter sogar Löcher hat. Inspiriert zu dieser Technik hat sie eine Reise nach Indien vor sechs Jahren: Sie traf auf Frauen, die dort Müll sammeln und durch diese Arbeit ihr Überleben sichern müssen.
Die Krefelderin sammelte Teile dieses Abfalls und arbeitete sie künstlerisch um; so entstand ein einmaliges Konzept, mit dem sie mittlerweile auf der ganzen Welt ausstellt. Die Wirkung ihrer besonderen Collage-Technik entfaltet sich durch den Winkel der Betrachtung: Wenn man nah davorsteht, scheinen einzelne Punkte das Werk zu bestimmen. Erst aus der Ferne setzt sich ein vollständiges Porträt zusammen.
Casagrandas Urban Art wurde auf der Biennale in Florenz gezeigt
Es sind überwiegend Frauenporträts ausgestellt – von Kate Moss über Frida Kahlo bis zu Porträts der Frauen, die sie in Indien kennengelernt hat. Manche von ihnen konnte sie durch ihre Kunst finanziell unterstützen, sodass sie sich aus ihrem niedrigen Sozialstatus freikaufen konnten.
Für ihre Arbeit wurde die Diplom-Designern bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem ersten Preis bei der Biennale in Florenz, dem Spotlight-Award auf der ArtExpo in New York, mit dem Kunstpreis Deutschland und dem „It’s Art Call Prize“ in England.
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Das baustellenhafte Ambiente des Raumes, der durch eingezogene Wände zusätzliche Ausstellungsfläche bietet, passt zur Urban Pop Art: Eine hohe Decke mit freigelegten, silberfarbenen Rohren, gekachelte Wände und eine große Fensterfront setzen die eindrücklichen, teils großformatigen Werke perfekt in Szene. Alle Arbeiten der beiden Künstlerinnen stehen zum Verkauf.
„Because We Can“ bis 18.6., Überseeboulevard 5 (U Überseequartier), Di–Fr 14.00–18.30, Sa 12.00–18.00, Eintritt frei, www.antikult.com