Hamburg. Isabella Vértes-Schütter stellt die neue Spielzeit vor – welche Hochkaräter dabei sind und wer ein Jubiläum feiert.

In der ersten Mai-Woche verwandelt sich das Ernst Deutsch Theater – passend zum 834. Hafengeburtstag – in Kooperation mit dem Axensprung Theater wieder in einen „Umschlagplatz der Träume“, Erik Schäfflers Hafenstück erlebt als theatrale Reise durch die wechselvolle Geschichte des Hamburger Hafens eine Wiederauflage.

Und obwohl die laufende Saison unter dem Motto „Klar kommen“ an der Mundsburg noch bis Anfang Juli geht, lässt Intendantin Isabella Vértes-Schütter das Träumen auch in der Spielzeit 2023/24 nicht sein: „Wir bringen auf die Bühne, wofür es sich zu träumen lohnt und arbeiten daran, dass die Träume wahr werden“, erläuterte sie den Grundsatz für die nächste Saison, der da lautet: „Weiterspielen!“

Der neue Spielplan des Ernst Deutsch Theaters, den Vértes-Schütter am Freitag vorstellte, umfasst sechs Neu-Produktionen für Erwachsene sowie das traditionell von Hartmut Uhlemann inszenierte Weihnachtsmärchen, diesmal „Der gestiefelte Kater“. Dazu kommen eine für das größte Hamburger Privattheater neue Co-Produktion mit Gilla Cremers Theater Unikate in „Die Dinge meiner Eltern“ vom 12. Oktober bis zum 10. November sowie fünf Wiederaufnahmen.

Ernst Deutsch Theater: Neue und alte Krimi-Stars spielen 2023/24

Im Drama „Harper Regan“ wirkt Vértes-Schütter Ende September ebenso erneut mit wie zum Ende der Saison bei John Neumeiers „Die Unsichtbaren“, der ausgezeichneten Tanz-Collage des Bundesjugendballetts über verfolgte und vergessene Tanzschaffende der 1920er-Jahre.

Auch in „Die Ärztin“ spielt die promovierte Medizinerin Isabella Vértes-Schütter eine Rolle, nicht wie man denken könnte jedoch die Hauptrolle. Die übernimmt – erstmals am Ernst Deutsch Theater überhaupt – TV-Star Gesine Cukrowski, bekannt geworden als Gerichtsmedizinerin in der ZDF-Krimiserie „Der letzte Zeuge“. Die Fernseh- und Filmschauspielerin agiert im Stück des britischen Autors Robert Icke (sehr frei nach Arthur Schnitzlers „Professor Bernhardi“) als eine jüdische Ärztin, die sich nach der Abtreibung eines Mädchens einem katholischen Priester entgegenstellt.

Es sei ein Antisemitismus-Drama, das „geschickt mit unserer Wahrnehmung und Identitätszuschreibungen spielt“, sagt die Intendantin, die in einer männlichen Nebenrolle zu sehen sein wird. „Der Plot ist sehr spannend, er wird auch in unsere Zeit übertragen.“ Es hatte erst 2019 in London Uraufführung gefeiert und hat an der Mundsburg am 21. März 2024 wiederum in Uhlemanns Regie Premiere.

Ex-„Tatort-Kommissar Charles Brauer feiert im Januar 70. Bühnen-Jubiläum

Ein Wiedersehen mit einem weiteren früheren Krimistar und zugleich ein unglaubliches Jubiläum soll es am 18. Januar 2024 geben: Charles Brauer (87, „Tatort“) feiert dann in „Dienstags bei Morrie“ sein 70. Bühnen-Jubiläum – in jenem Haus, in dem er 1954 debütierte, als es noch Das Junge Theater hieß. „Es ist eine bewegende Geschichte“, sagt Isabella Vértes-Schütter – im doppelten Sinn.

Brauer spielt den an der tödlichen Krankheit ALS leidenden Morrie, der nach 16 Jahren von seinem Zögling Mitch (Danny Exnar) aufgesucht wird. Der junge gefragte und gehetzte Sportreporter entdeckt seinem Mentor zuliebe das lange vernachlässigte Klavierspiel wieder, beide Männer nähern sich neu an. Adelheid Müther inszeniert das Zwei-Personen- und Generationen-Stück.

Boris Aljinovic und Patrick Abozen haben schon im Ernst Deutsch Theater überzeugt

Und sonst? Auch in der Weihnachtszeit (ab 30.11.) gibt es in „Cyrano de Bergerac“ von Martin Crimp frei nach Edmond Rostand mit Boris Aljinovic („Tatort“) und Patrick Abozen („Tatort“, „Großstadtrevier“ prominente TV-Ermittler von früher und heute zu erleben. Beide Schauspieler haben schon mehrmals auf der Bühne des Ernst Deutsch Theaters überzeugt.

Gleiches gilt etwa für Maria Hartmann, Ines Nieri und Christoph Tomanek, die in der Regie des gebürtigen Hamburgers Elias Perrig am 24. August in „Am Ende Licht“ den Auftakt der neuen Spielzeit bestreiten. Simon Stephens, einer der erfolgreichsten britischen Dramatiker der Gegenwart, erzählt eine Familien- und Lebensgeschichte am Rande des Abgrunds. Für Vértes-Schütter ein „dramatisches Stück, das aber auch von Hoffnung geleitet ist“.

3500 Abonnenten – fürs Ernst Deutsch Theater ein guter Sockel

In Arthur Schitzlers „Der einsame Weg“ sind von Ende April 2024 an mit Katharina Abt, Christian Nickel und Stephan Benson in Hamburg immer gern gesehene Schauspieler in neuen Rollen zu erleben. Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ soll danach im Juni beim Regie-Comeback von Mona Kraushaar an der Mundsburg für einen klassisch-beschwingten fröhlichen Ausklang der Saison sorgen.

Im April 2024 endet auch nach 20 Jahren die Matinee-Reihe „Theater, Theater!“ von und mit Matthias Wegner, schon in diesem Frühsommer nach vier Jahren die Arbeit von Theaterpädogin Mia Massmann als Leiterin der jungen Plattform-Bühne. Ihre Nachfolgerin Hanna Knorr fehlte am Freitag zwar krankheitsbedingt, ist aber schon seit Januar mit dabei.

Geschäftsführer Jens-Peter Löwendorf und Isabella Vértes-Schütter sind bei zuletzt stetig steigenden Auslastungszahlen von derzeit knapp 60 Prozent zuversichtlich dank der finalen Corona-Hilfen von Bund und Stadt zum Ende dieser Saison ein ausgeglichnes Ergebnis erwirtschaften zu können. „Im Laufe der drei Corona-Jahre haben wir etwa 20 Prozent unserer Abonnenten verloren“, sagte Vértes-Schütter. Der jetzige Sockel von 3500 spreche aber für sich. „Wir bemühen uns, frühere Abonnenten zurückzugewinnen und weiterhin jüngere Zielgruppen anzusprechen“, so die Intendantin. Etwa durch den „Best of Poetry Slam“ oder den neuen „Stand Up Slam“.