Hamburg. Joseph Reichelt kollabiert bei „How To Date A Feminist“ mitten im Stück. Wie der Intendant und das Publikum reagieren.
Es verspricht ein spannender Abend in den Hamburger Kammerspielen zu werden. Samantha Ellis’ Komödie „How To Date A Feminist“ ist ein interessantes Stück, eine „Romantic Comedy“ ohne den dem Genre innewohnenden Sexismus, eine Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und politischer Korrektheit ohne Ideologie.
Jonathan Heidorns Inszenierung geht das Thema mit jugendlicher Unbekümmertheit an, Yvonne Schäfers Bühne scheint gerade die richtige Mischung aus konkretem Raum und Abstraktion zu finden. Vor allem aber gewinnt man schon in den ersten Momenten den Eindruck, dass der Abend das hat, was eine gelungene Komödie ausmacht: Schauspieler, denen man gerne dabei zusieht, wie sie sich in humoresken Fallstricken verwirren.
Kammerspiele: Mitten im Stück bricht einer der Schauspieler zusammen
Der Stoff ist eine Variation des Girl-Meets-Boy-Themas: Zwei Charaktere prallen aufeinander, die extrem unterschiedlich sind und gerade deswegen perfekt zueinander passen. Neda Rahmanian spielt die Journalistin Kate mit einer Mischung aus Lebensfreude und Überspanntheit, grundsympathisch und gleichzeitig zutiefst heutig. Und Joseph Reichelt? Der gibt ihren Partner Steve zurückhaltend, vielleicht ein bisschen zu zurückhaltend, fast neben sich stehend, aber das ist schon stimmig, ist Steve doch auch bei Ellis kein nach vorne stürmender Typ, sondern jemand, der sich selbst immer wieder hinterfragt und der einen Heiratsantrag damit beginnt, dass er sich für die Untaten des Patriarchats entschuldigt. In diesem Sinne: passt schon.
Kammerspiele: Das Publikum ist so geschockt wie verständnisvoll
Was dann allerdings weniger passt: dass der 37-Jährige umkippt, sich unmotiviert hinlegt. „How To Date A Feminist“ wurde in Deutschland schon mehrfach inszeniert, in Karlsruhe, Koblenz und Münster etwa, und da kippte niemand um. Ein Regieeinfall? Die Kammerspiele sind nicht unbedingt der Ort für harsche Eingriffe. Sei es drum, das Stück läuft noch ein paar Minuten, Rahmanian ist irritiert, dann klappt Reichelt wieder zusammen. Und bleibt liegen. Worauf die Aufführung unterbrochen wird, Kammerspiele-Leiter Sewan Latchinian wendet sich entschuldigend ans Publikum, kurze Unterbrechung, man will sehen, was denn eigentlich los ist.
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Nach zehn Minuten ist dann klar: Die Premiere kann nicht weitergespielt werden. Intendant Axel Schneider: Man warte auf den Notarztwagen, Reichelt sei zwar ansprechbar, müsse aber dennoch ins Krankenhaus, an eine Fortsetzung der Aufführung sei nicht zu denken. Das Publikum reagiert so geschockt wie verständnisvoll, das ist ein Notfall, da kann man nicht böse sein. Wie Kammerspiele-Sprecherin Sophie Jessen am Freitag mitteilte, geht es dem Schauspieler mittlerweile besser, die Premiere soll am 29. April nachgeholt werden.