Hamburg. Mit „Feuer frei für Kartoffelbrei“ will Ole Plogstedt bei der Langen Nacht der Museen zur Debatte über „Letzte Generation“ anregen.
Der Hamburger Fernsehkoch und Konzert-Caterer Ole Plogstedt („Rote Gourmet Fraktion“) setzt sich seit Längerem für Umweltinitiativen ein. Die Aktionen der „Letzten Generation“, bei denen Kunstwerke in verschiedenen Museen beschmiert oder beklebt wurden, nimmt er zum Anlass für eine ungewöhnliche Veranstaltung.
Während der Langen Nacht der Museen am 22. April lädt Plogstedt zum kulinarisch-solidarischen Happening „Feuer frei für Kartoffelbrei“ ins FC St. Pauli-Museum. Dabei darf ein gerahmter Nachdruck des Gemäldes „Fünfzehn Sonnenblumen“ des Malers Vincent van Gogh mit einem Brei aus containerten Lebensmitteln beschmiert werden.
Lange Nacht der Museen: Politisches Happening geplant
Was war Ihre spontane Reaktion, als Mitglieder der „Letzten Generation“ zum ersten Mal ein Kunstwerk mit Lebensmitteln beschmierten?
Ole Plogstedt: Ein Like auf den entsprechenden Social-Media-Posts.
Welche Position vertreten Sie? Als Koch finden Sie es sich sicherlich verwerflich, Lebensmittel zu verschwenden. Und was ist mit dem Schaden für Kunst und Museen?
Gegenfrage: Ist es angesichts der drohenden und bereits existierenden dramatischen Folgen durch die Klimakatastrophe nicht völlig unverhältnismäßig, sich an der Verschwendung von 200 Gramm Kartoffelbrei und einem easy abwaschbaren „Schaden“ an einem durch eine Glasscheibe geschützten Gemälde abzuarbeiten, wie es gerade geschieht, anstatt sich für die Einhaltung der Klimaziele einzusetzen? Ich finde die Aktionen der „Letzten Generation“ in den Museen sehr treffend.
Ein historisches Kunstwerk in einem Museum soll für alle nachfolgenden Generationen geschützt werden, während das Überleben der nachfolgenden Generationen durch nicht ausreichende Klimaschutzmaßnahmen aufs Spiel gesetzt wird. Finde den Fehler. Übrigens wird der Lebensmittelbrei, den wir bei der Langen Nacht der Museen verwenden werden, aus zuvor bereits weggeworfenen Lebensmitteln gekocht.
Gemeinsames Projekt zwischen Aktivisten und Kunsthalle möglich?
Auch der berühmte „Wanderer über dem Nebelmeer“ in der Kunsthalle war vor wenigen Wochen Ziel von Klima-Aktivisten. Dabei hatte Direktor Alexander Klar zuvor angedeutet, mit ihnen vielleicht sogar ein gemeinsames Projekt zu planen. Wie kann ein konstruktiver Dialog überhaupt gelingen?
Alexander Klar hat sich in einem Interview auch nach dieser Aktion verständnisvoll geäußert. Also scheint ihn die „Letzte Generation“ mit der Caspar-David-Friedrich-Aktion wohl nicht verprellt zu haben. Kultursenator Carsten Brosda reagierte auf Klars Argumentation „verschnupft“.
Bleibt abzuwarten, wer am Ende einem möglichen gemeinsamen Projekt zwischen „Letzter Generation“ und Kunsthalle im Wege steht. Die Forderung der Klima-Aktivisten an die Bundesregierung, einen Gesellschaftsrat einzuberufen, der Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele erarbeitet, zeigt, dass sie in einen Dialog kommen möchten. In Hannover zum Beispiel gab es Gespräche mit dem Bürgermeister, der nun ihre Forderungen unterstützt.
Statt protestieren lieber Energie in Klimaschutz investieren
Auch Sie wollen mit einer Aktion während der Langen Nacht der Museen zu einer Debatte über das Thema anregen. Was erhoffen Sie sich von „Feuer frei für Kartoffelbrei“?
Ich persönlich erhoffe mir, ein Stück weit eine Lanze für die „Letzte Generation“ zu brechen. Natürlich bin ich offen und neugierig auf die Argumente der Kritiker. Deshalb wollen wir ja mit den Museumsbesucherinnen und -besuchern diskutieren. Ich erwarte nicht, dass danach alle die Aktionen der Aktivisten super finden. Aber ich erhoffe mir bei dem einen oder anderen die Erkenntnis, dass Machen besser ist, als nichts zu machen. Die Zeit drängt ja bekanntlich.
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Meine Beobachtung ist, dass die meisten Menschen, die die Ziele der „Letzten Generation“ zwar richtig finden, nur die Aktionen nicht, selbst nichts dazu beitragen, was die Regierung zur Einhaltung der Klimaziele bewegt, zum Beispiel vehement ein Tempolimit zu fordern. Ich würde mich freuen, wenn wir mit der Aktion „Feuer frei mit Kartoffelbrei“ Leute dazu animieren, die Energie, die sie bisher in die Kritik zu den Protestformen der „Letzten Generation“ gesteckt haben, künftig in den Klimaschutz und die Ziele der Aktivisten zu investieren.