Der NDR-Moderator kommentiert am Sonnabend letztmals den Eurovision Song Contest für die ARD. In seiner Biografie erinnert er sich.
- Peter Urban kommentiert seit 1997 den Eurovision Song Contest im ARD-Fernsehen.
- Am Sonnabend (13. Mai) sitzt der NDR-Moderator letztmals beim ESC am Mikrofon.
- Ein Viertel seiner Biografie hat der Musikexperte dem Gesangswettbewerb gewidmet.
Hamburg. Die Stimme kennt jeder. Nicht nur in Hamburg, sondern auch in Köln oder München, denn Peter Urban ist „The Voice“. Seit 1997 kommentiert er für die ARD den Eurovision Song Contest (ESC) und ist damit zu einer nationalen Berühmtheit geworden.
Norddeutsche Hörer haben die warme und tiefe Stimme schon viel länger im Ohr. Seit Ende der 1960er-Jahre arbeitet Urban als Moderator, Redakteur und später auch als Podcaster für den NDR.
Am 14. April feiert Urban seinen 75. Geburtstag und nun ist im Rowohlt Verlag seine Biografie erschienen. „On Air. Erinnerungen an mein Leben mit der Musik“ heißt das umfassende Buch, und fast ein Viertel dreht sich dabei um den ESC.
Peter Urban: ESC-Fans kommen in der Biografie auf ihre Kosten
Für Urban „ein Spiel, eine Unterhaltungsshow, die Spaß machen sollte“ und kein Weltuntergang, wenn Deutschland mal wieder auf einem hinteren Platz gelandet ist, wie so oft in den vergangenen Jahren. Fans der aufwendigen ESC-Spektakels können noch einmal nachlesen, was es alles an schrillen, verrückten, originellen und auch langweiligen Künstlern und Sounds im vergangenen Vierteljahrhundert gegeben hat. An die meisten dieser Eintagsfliegen wird man sich kaum noch erinnern, Ausnahmen sind sicher die deutsche Gewinnerin Lena Meyer-Landrut und der queere österreichische Paradiesvogel Conchita Wurst.
Mindestens so spannend wie Urbans Berichte aus Oslo, Kiew, Dublin oder Baku sind seine Erinnerungen an Reisen als Schüler und Student nach London. Urban hatte das Glück, oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Er ist zum Beispiel dabei, als Eric Clapton bei einem Konzert seiner Band Cream im Polytechnic College im Oktober 1966 einen wuschelhaarigen Gitarristen auf die Bühne holt – Jimi Hendrix’ allererster Auftritt auf einer britischen Bühne.
Peter Urban erlebte in London Konzert des jungen Elton John
Der junge Mann aus Bramsche ist damals schon längst mit Rock und Soul infiziert. Immer wieder zieht es ihn auf die Insel. 1969, Urban studiert inzwischen Anglistik und Geschichte in Hamburg, geht er als Assistant Teacher für einige Monate nach England, trifft dort Joe Cocker und Chris Wood von Traffic, sieht Bands wie Led Zeppelin, King Crimson, die Rolling Stones und erlebt die Rockoper „Tommy“ und einen frühen Auftritt des noch unbekannten Elton John.
Rock und Soul im Radio steckt damals in den Kinderschuhen. Im NDR-Hörfunk kreiert Klaus Wellershaus Ende 1965 die „Musik für junge Leute“, ab Anfang 1967 läuft seine halbstündige Sendung „Nach der Schule“. Die Sendungen haben Kultcharakter, und nachdem Peter Urban einen Hörerbrief an Wellershaus geschrieben hat, wird er zu einem Gespräch eingeladen.
Daraus entwickelt sich zuerst eine freie Mitarbeit und später eine enge Freundschaft. Es ist keine Übertreibung, wenn man behauptet, dass Wellershaus und Urban zur musikalischen Sozialisation der jungen Hörerschaft in Norddeutschland beigetragen haben wie niemand sonst. Urban promoviert über die Poesie des Rock, wird später Musikredakteur, und nachdem Wellershaus 2002 in den Ruhestand gegangen ist, sein Nachfolger.
Peter Urbans Biografie erzählt auch die Geschichte des Rock- und Pop-Radios
„On Air“ erzählt am Beispiel des NDR-Hörfunks auch die Geschichte des Radios inklusive all der Widrigkeiten, die Wellershaus und Urban erleben. Immer wieder gibt es Vorgesetzte, die mit der Weiterentwicklung populärer Musik fremdeln und alles, was sich nicht in den Charts tummelt, ins Abend- oder Nachtprogramm abschieben.
„On Air“ ist auch ein Lesebuch über die vielen Clubs in der Musikstadt Hamburg, die Urban als Redakteur und auch als Musiker selbst erlebt. Er ist viele Jahre lang Keyboarder und Organist von Bands wie Pussy und Bad News Reunion. Mehr als 2500 Konzerte hat er im Laufe seiner Karriere erlebt, im legendären Onkel Pö, in der Fabrik, im Logo und den anderen Clubs und Hallen in der Hansestadt, sowie hunderte Interviews geführt.
- Peter Urban hört als Kommentator beim ESC auf
- Helene Fischer – plötzlich steht ein Halbnackter auf der Bühne
- Harry Styles macht Fans in Hamburg besonderes Geschenk – irre Popshow
Peter Urban geht mit bedingungsloser Leidenschaft seinem Beruf nach
Mit Begeisterung schreibt er über Begegnungen mit Bruce Springsteen und Harry Belafonte, über Treffen mit Paul Simon, Yoko Ono, Pete Townshend und der Soul-Legende Bobby Womack. Urbans Lebensbericht ist auch ein Beispiel dafür, wie jemand mit bedingungsloser Leidenschaft seinem Beruf nachgeht, wie er mit Fachwissen glänzt und über Jahrzehnte hinweg weiterhin offen für neue Strömungen in der Popmusik ist und sich für talentierte Newcomer einsetzt, indem er sie in seinen Sendungen spielt.
In einem Nachwort, betitelt „Urban Pop“ (so heißt auch sein NDR-Podcast) ermutigt er die Radio-Verantwortlichen „die Programme attraktiver zu machen, auch durch Musik mit größerer Auswahl und Bandbreite“.
Am 13. Mai wird Peter Urban zum letzten Mal von einem ESC berichten. Passenderweise aus Liverpool, der Heimat der von ihm verehrten Beatles.
Peter Urban: „On Air. Erinnerungen an mein Leben mit der Musik“, 539 Seiten, Rowohlt Verlag. 25 Euro