Hamburg. In der Fabrik wurde mit vielen Stars der 80. Geburtstag des Kultmusikers gefeiert. Zu später Stunde kam sogar die Polizei.

„Ich freue mich sehr, von so leidenschaftlich Verrückten umgeben zu sein“, sagt Stefanie Hempel. Mit breitem Lächeln und warmem Blick schaut sie in die knallvoll ausverkaufte Fabrik. Jüngst hat sie noch vor King Charles und Camilla gespielt. Jetzt hat sie gut 20 Musiker um sich geschart, um George Harrison hochleben zu lassen. „Seinen Spirit, seine Facetten, seine Farben“, wie Stefanie Hempel erklärt.

Ihre Beatles-Abende sind keine plumpen Cover-Orgien, sondern höchst familiäre wie liebevoll arrangierte Ereignisse, die die zeitlosen Lieder der Fab Four im Heute lebendig werden lassen. Mitreißend und versiert, tiefsinnig und empathisch. Und ja: im besten Sinne leidenschaftlich verrückt. Allein schon was die Dauer angeht. Vier Stunden wird da dem „stillen Beatle“ gehuldigt, der am 25. Februar 80 Jahre alt geworden wäre. Und wie sehr Hempel andere zu begeistern versteht, zeigt allein das Star-Aufgebot, dass sich für ihre George-Harrison-Gedächtnissause einstellt.

In der Fabrik gibt es einen verrückt-beglückenden Abend für George Harrison

Die Bühne ist mit Blumen geschmückt. Und reichlich Kunstnebel könnte fast als Schwaden von Räucherstäbchen durchgehen. Mit einem schmissigen „Taxman“ beginnt Hempels Kernband, die Silver Spoons, den Reigen an 30 Songs. Drei Stimmen, drei Gitarren, herzerweiternde Harmonien. Hempels raues Timbre. Und wie sie die Einsätze ihrer Mitstreiter Billy King und Ben Barritt genießt.

Diese musikalische Liebe transportiert sich eins zu eins ins Publikum. Immer voller wird die Bühne. Und das Herz. Friedrich Paravicini bringt das Mellotron zum Leuchten, Uwe „Friendly“ Frenzel kommt am Bass hinzu und Max Schneider spielt sein Schlagzeug gefühlt schon in der Besenkammer, so sehr muss die gesamte Breite der Bühne ausgenutzt werden.

Songs aus dem Star-Club-Repertoire der Beatles werden gespielt

Es geht quer durch die Alben und die Stile. „George liebte Rock ‘n’ Roll und konnte das in Hamburg voll ausleben“, erläutert Hempel. Und so gibt es „Everybody’s Trying To Be My Baby“ von Carl Perkins, das bereits zum Star-Club-Repertoire der Beatles zählte. Ulrich „Ulle“ Rode lässt seine Gitarre dazu wunderbar dreckig aufheulen. Auf der Bühne ist irre viel los. Da rappelt’s im Karton. Ein großer Spaß.

Noch schöner schroffer wird es mit dem überaus sympathischen Gastauftritt von Blueslegende Abi Wallenstein, der unter anderem Chuck Berrys „Roll Over Beethoven“ intoniert. Hempel widmet die Nummer der Kiez-Grande-Dame Rosi Sheridan, die ebenso im Publikum sitzt wie Mary Dostal und Sylvia Saunders von der Beatband The Liverbirds.

Eine große Verneigung vor der indische Seite von George Harrison

Die große popkulturelle Umarmung der Stefanie Hempel umfasst die Zeitreise ebenso wie die Gegenwart. In der Menge sind viele ältere Semester, die die Beatles noch zu ihrer aktiven Zeit erlebt haben dürften. Aber auch junge Leute in Hippieklamotten durchstreifen die Fabrik. Und im Rampenlicht stehen auch zahlreiche Hamburger Newcomer: Singer-Songwriter Phil Siemers singt mit zartem Schmelz „I Me Mine“ und „Beware Of Darkness“.

Die Bilder zum Konzert „Celebrating George!“ in der Fabrik

Beim Konzert „Celebrating George!“ standen auch Heinz Rudolf Kunze, Gustav Peter Wöhler und Stefan Stoppok in der Fabrik auf der Bühne. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Beim Konzert „Celebrating George!“ standen auch Heinz Rudolf Kunze, Gustav Peter Wöhler und Stefan Stoppok in der Fabrik auf der Bühne. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Heinz Rudolf Kunze sorgte für Begeisterung in der Fabrik. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Heinz Rudolf Kunze sorgte für Begeisterung in der Fabrik. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Die Stefanie Hempel Band sorgte für gute Stimmung in der Fabrik. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Die Stefanie Hempel Band sorgte für gute Stimmung in der Fabrik. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Inga Rumpf begeisterte die Fans mit ihrer Stimme. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Inga Rumpf begeisterte die Fans mit ihrer Stimme. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Die Rhythmus Boys ließen sich das Konzert zu Ehren der Beatles-Legende nicht entgehen.. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Die Rhythmus Boys ließen sich das Konzert zu Ehren der Beatles-Legende nicht entgehen.. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
09.04.2023, Die Fabrik füllte sich im Verlauf des Abends.
09.04.2023, Die Fabrik füllte sich im Verlauf des Abends. © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Am Ende war die Fabrik bis auf den letzten Platz gefüllt.
Am Ende war die Fabrik bis auf den letzten Platz gefüllt. © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Die begeisternde Stimmung in der Fabrik sog auch Michèl von Wussow auf. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Die begeisternde Stimmung in der Fabrik sog auch Michèl von Wussow auf. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Entertainer Herr Holm griff an diesem Abend nicht zu zur Gitarre. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Entertainer Herr Holm griff an diesem Abend nicht zu zur Gitarre. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Herr Holm griff auch zum Megaphone, um dafür zu sorgen, dass alle Menschen unter 18 Jahren den Saal verlassen.
Herr Holm griff auch zum Megaphone, um dafür zu sorgen, dass alle Menschen unter 18 Jahren den Saal verlassen. © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Im Vordergrund stand aber der Spaß in der Fabrik.
Im Vordergrund stand aber der Spaß in der Fabrik. © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Sichtlich Freude hatte auch Abi Wallenstein bei seinem Auftritt auf der Bühne. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Sichtlich Freude hatte auch Abi Wallenstein bei seinem Auftritt auf der Bühne. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
Stefan Stoppok rockte in der Fabrik auf der Bühne im schrillen Outfit. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services
Stefan Stoppok rockte in der Fabrik auf der Bühne im schrillen Outfit. Foto: Thorsten Ahlf / Funke Foto Services © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf
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Sein Kollege Symøn verneigt sich einfühlsam vor der indisch inspirierten Seite Harrisons: Begleitet von Sebastian Dreyer an der Sitar, Herry Singh an der Tabla und Anne de Wolff an der Geige interpretiert er unter anderem „Within You Without You“. Eine tranceartiges Zuhören, das später abgelöst wird von der energetischen Performance, mit der Sänger Michèl von Wussow den Saal zum Kochen bringt. „Wah Wah“ – wow!

Annett Louisan musste leider kurzfristig krankheitsbedingt absagen

Immer wieder erzählt Hempel aus Harrisons Leben. Wie er den Monty-Python-Film „Das Leben des Brian“ finanziert hat. Und dass es ihm darum ging, die eigene Existenz voll auszukosten. Diese Philosophie hat offensichtlich auch die Gastgeberin verinnerlicht und schöpft das musikalische Glückspotenzial umfangreich aus. Chanteuse Annett Louisan musste zwar krankheitsbedingt absagen. Doch mit Stoppok, Gustav Peter Wöhler, Heinz Rudolf Kunze und Inga Rumpf sind höchst charismatische Persönlichkeiten dabei, die alleine schon ganze Abende abwechslungsreich füllen könnten.

Die Fabrik war bei „Celebrating George“ restlos ausverkauft.
Die Fabrik war bei „Celebrating George“ restlos ausverkauft. © Thorsten Ahlf

Bei Hempels Harrison-Happening treten diese Stars in verschiedenen Kombinationen auf, ganz dem kollektiven Geist verbunden. Ein bestens aufgelegter Wöhler etwa erzählt in „Isn’t It A Pity“ äußerst einnehmend davon, wie schändlich sich die Menschen oftmals verhalten. Er gestikuliert cockeresk, dreht sich, fühlt sich hinein und baut noch eine „Hey Jude“-Anleihe ein. Begleitet wird er von den Bläsern Mark Norton und Lieven Brunckhorst. Irgendwo ganz hinten ist schließlich noch Platz auf der Bühne.

Ein Höhepunkt: Inga Rumpf und Heinz Rudolf Kunze singen „Something“ im Duett

Von Stoppok lernt das Publikum, „dass die alten Sachen auf ungestimmten Gitarren doch viel geiler klingen“. Und als dann noch ein stimmstarker Heinz Rudolf Kunze diese wunderbar zusammengewürfelte Künstlerkombo komplettiert, reinkarniert sich Harrisons All-Star-Band The Traveling Wilburys einfach als „The Wöhlerburys“, wie Hempel lachend einwirft.

„Sensationell, wie ihr alle zuhört“, lobt Billy King die Fans. Deutlich ist zu spüren, wie das auf der Bühne präsentierte Lebenswerk das Leben jedes einzelnen ganz individuell berührt. Jung und Alt wiegen sich in den Armen, als Inga Rumpf und Heinz Rudolf Kunze jenen Song episch im Duett singen, den Frank Sinatra einst als das größte Liebeslied des 20. Jahrhundert bezeichnete: „Something“.

Fabrik Hamburg: Zu vorgerückter Stunde kommt Herr Holm zur „Ausweiskontrolle“

Trockenhumorig wird es, als sich das Geschehen auf der Bühne – verstärkt von den Hamburger Rhythmus Boys – dem Lieblingsinstrument George Harrisons widmet: der Ukulele. Günter Märtens an der kleinen Laute und Kalle Mews an der Stehtrommel geben nicht nur in Sachen Größenunterschied ein famoses Paar ab, sondern amüsieren auch noch mit Tanzeinlagen und Hebefiguren. Zum Finale ist auch das ausdauerstarke wie euphorisierte Publikum noch einmal gefragt: Mit Hilfe von Texttafeln schmettern alle das „Hallelujah“ und „Hare Hare“ von „My Sweet Lord“.

Und wie einst im Star-Club wird da von der Polizei zu vorgerückter Stunde auf einmal zur „Ausweiskontrolle“ gerufen. Allerdings handelt es sich lediglich um den kurz aus dem Ruhestand zurückgekehrten Herrn Holm. Gemeinsam mit dem Kabarettisten und allen Beteiligten singt der ganze Saal dann noch Monty Pythons „Always Look On The Bright Side Of Life“. Das dürfte Meister Harrison gefallen haben. Munter pfeifend geht es schließlich hinaus in die österliche Nacht.